Rente mit 70: Arbeiten bis zum Umfallen?

TRIER. (wie) Wie lange müssen wir in Zukunft arbeiten? Der radikalste Vorschlag: Rente erst mit 70, weil die Rentenkasse fast leer ist. Doch kaum ein Betrieb stellt derzeit Ältere ein. In der Region sind knapp 1400 Menschen über 55 Jahre arbeitslos.

Ganz neu ist der Vorschlag von Klaus Zimmermann, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, nicht. Bereits vor fünf Jahren forderte der damalige Fraktionschef der Union, Friedrich Merz dasselbe: Rente erst mit 70. Doch genau wie Zimmermann heute erntete Merz damals harsche Kritik. Gerade im Wahlkampf sorgt das Thema Rente für Zündstoff. Zumal im Juli die Renteneinnahmen um 1,6 Prozent zurückgegangen sind. Statt 12,34 Milliarden Euro wie im Juli 2004 flossen nur 12,15 Milliarden in die Rentenkasse. Neben einer längeren Lebensarbeitszeit bis 70 ab dem Jahr 2025 - statt derzeit bis 65 - fordert der DIW-Chef außerdem niedrigere Gehälter für Ältere und mehr Teilzeit. Doch die Realität in den Betrieben sieht anders aus: 40 Prozent der deutschen Unternehmen beschäftigen keine Mitarbeiter über 50 Jahre. Auch in der Region Trier ist der Anteil der älteren Arbeitlosen hoch: 10,6 Prozent der Jobsuchenden sind über 55, im Juli waren es über 1400. Dabei sind die meisten sogar bereit, länger zu arbeiten: 65 Prozent können sich laut einer Umfrage des Bundesfamilienministeriums vorstellen, tatsächlich bis 65 zu arbeiten. Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt derzeit bei 60 Jahren. Angesichts dieser Zahlen nannte der Präsident des Sozialverbands Vdk, Walter Hirrlinger, gegenüber unserer Zeitung die Forderung von Zimmermann "ungeheuerlich". "Mit 70 in Rente heißt nichts anderes als: fünf Jahre länger arbeitslos auf Hartz IV", so Hirrlinger. Solche Vorschläge seien angesichts der heutigen Lage auf dem Arbeitsmarkt "nicht mehr ernst zu nehmen." Doch viele der jüngeren Arbeitnehmer haben wohl keine andere Wahl, als zu arbeiten bis zum Umfallen. Denn kaum einer hat fürs Alter vorgesorgt. Mehr als jeder Fünfte glaubt, allein von der gesetzlichen Rente leben zu können. Jedem dritten Haushalt droht Altersarmut laut dem Institut für Altersvorsorge. Trotzdem schließt nur ein Drittel Kapitallebens- und Rentenversicherungen ab. Arbeiten bis 70? Was halten Sie von diesem Vorschlag? Sagen Sie uns Ihre Meinung. Wir können Ihre Mail nur veröffentlichen, wenn Sie Namen und Adresse angeben.

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