Rheinland-Pfälzer lehnen das Luxemburger Modell ab

Trier/Mainz · Sag, wie hast du’s mit der Religion? In Luxemburg soll die Frage an Schulen bald keine Rolle mehr spielen - das Großherzogtum schafft das Fach Religion ab. Für Rheinland-Pfalz kommt das trotz der Debatte um den Islamunterricht nicht infrage.

Trier/Mainz. Wie lautet der Sinn des Lebens? Was passiert nach dem Tod? Gibt es einen Gott? Es sind existenzielle Fragen, die sich Schüler in Luxemburg bald in einem ganz neuen Schulfach stellen. Dabei sitzen sie alle in einem Klassenzimmer. Egal, ob sie Christen, Muslime, Juden sind - oder an gar keinen Gott glauben. Denn das Großherzogtum schafft den Religionsunterricht ab und lehrt künftig "Werte". Es soll ein verpflichtendes Fach sein - manche Schulen bieten es schon ab dem Sommer an.
Wäre das auch eine Lösung für Rheinland-Pfalz, wo die Zweifel am Moscheenverein Ditib (siehe Extra) und Ängste um staatliche Einflüsse die Debatte um den Islamunterricht in den Schulen überlagern?
Nein, heißt es aus Mainz. Das Bildungsministerium lehnt das Luxemburger Modell ab. Religion als ordentliches Lehrfach sei im Grundgesetz und in der Landesverfassung verankert. Und auch alle Parteien sprechen sich auf TV-Nachfrage dafür aus, Religion als Schulfach beizubehalten. Sie setzen auf Wahlfreiheit - und dar-auf, islamische Inhalte an den Schulen auszubauen. Unabhängig von der Diskussion um Ditib.
Bislang wirken die Zahlen in Rheinland-Pfalz aber ausbaufähig. 34 400 muslimisch gläubige Schulpflichtige lebten im Schuljahr 2015/16 im Land - nur 1300 von ihnen erhielten Islamunterricht. 14 Schulen bieten diesen bislang an. Zehn davon liegen in Ludwigshafen, drei weitere kommen dort ab dem Sommer hinzu. Islamunterricht in der Region Trier? Fehlanzeige, sagt das Bildungsministerium. Weil kein Bedarf angemeldet sei.
Eine klare Aussage macht das Bistum Trier für die von ihm unterhaltenen Schulen: "Eine Freistellung vom Religionsunterricht gibt es nicht." Muslimische Kinder und Jugendliche besuchten dort den katholischen oder evangelischen Unterricht - das Fach Ethik gebe es an den Schulen des Bistums nicht.
Bernhard Braun (Grüne) spricht sich dafür aus, den Islam- unterricht dort auszubauen, wo er nötig sei und nachgefragt werde. So sieht es auch die SPD: "Die Beschäftigung mit der eigenen Religion, aber auch der Dialog mit anderen Religionen, ist wichtig für die persönliche und geistige Entwicklung von jungen Menschen." Diese Aufgabe solle nicht den muslimischen Gemeinden allein überlassen werden.
Die CDU geht davon aus, dass ein nach Verfassungsstandards gehaltener Religionsunterricht sogar Radikalisierungen vorbeugen könne. Die Bedingung der Union ist aber, dass der Staat wissen müsse, was gelehrt und verbreitet werde. "Ein rückwärtsgewandtes Frauenbild, das nicht mit der Gleichberechtigung unserer Verfassung vereinbar ist, hat im Unterricht genauso wenig zu suchen wie Radikalisierungen." Die AfD schlägt eher vor, Islamkunde als Teil des Ehtikunterrichts an den staatlichen Schulen einzuführen. "Selbstverständlich in deutscher Sprache."
Die Landesregierung wehrt sich gegen Bedenken, dies geschehe an den Schulen nicht längst. Der Islamunterricht werde schon jetzt nur von ausgebildeten Lehrern gegeben - und durchgehend auf deutsch. Das soll so bleiben. Ohne "Luxemburger Modell", wie auch Helga Lerch von der FDP findet. Werteunterricht wie im Großherzogtum, so sagt sie, sollte in allen Fächern stattfinden. "Religionsunterricht geht weit darüber hin-aus und behandelt das Spezifische der jeweiligen Glaubensrichtungen."Extra

Der Verband: Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) ist der größte islamische Verband in Deutschland. 900 Moscheengemeinden vertritt er im ganzen Land. Die Kritik: Die Frankfurter Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter sagt, der Verein sei strukturell, ideologisch und finanziell abhängig von der türkischen Religionsbehörde, die Vorbeter in Moscheen entsende und bezahle. In vielen Bundesländern ist Ditib am Islamunterricht von Schulen beteiligt. In Hessen unterrichten Ditib-Lehrer, in Nordrhein-Westfalen ist der Verein in den Lehrplan eingebunden. Kritiker befürchten einen Einfluss des türkischen Staates auf den Unterricht. Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir warnt vor einer "türkischen Pegida". Die Lage im Land: Der Ditib-Landesverband in Rheinland-Pfalz hat nach eigenen Angaben rund 50 Gemeinden mit insgesamt etwa 20 000 Mitgliedern. Ditib Rheinland-Pfalz ist als Verein organisiert. Die Gemeinden finanzieren sich nach Angaben des stellvertretenden Ditib-Landesvorsitzenden Cihan Sen aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. dpa/flor

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