Ruckzuck ist der Lappen weg

Trier · Wer seinen Führerschein abgeben muss, hat in der Regel im Straßenverkehr etwas verbockt oder nimmt Drogen. Das könnte sich schon bald ändern. Auch wer klaut oder sich prügelt, könnte dann seinen "Lappen" verlieren.

Trier. Wenn die regionalen Führerscheinstellen jemanden zum "Idiotentest" schicken, liegt der Grund meistens auf der Hand: Alkohol- oder Drogenkonsum. In der sogenannten Fahr erlaubnis-Verordnung, auf die die Führerscheinbeamten dann gerne verweisen, gibt es dafür sogar eigene Paragrafen. Aber wo steht eigentlich, dass künftig beispielsweise auch Schläger oder Randalierer zur MPU (siehe Stichwort) verdonnert werden können?
Wer in der Verordnung danach sucht, muss schon etwas genauer hinschauen. Quasi im Kleingedruckten findet sich da der Zusatz, dass auch dann jemand zum Idiotentest verpflichtet werden kann, "wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen".
Genau darauf dürften sich die regionalen Führerscheinstellen berufen, wenn sie künftig jungen Schlägern oder Randalierern eine Gelbe beziehungsweise Rote Karte schicken. Anderswo wird dies schon praktiziert, nun soll diese Praxis laut Mainzer Innenministerium landesweit eingeführt werden. Ziel: Vor allem junge Männer, die durch Gewalt- und Aggressionsdelikte aufgefallen sind, sollen so von Wiederholungstaten abgehalten werden. Der mögliche Führerscheinentzug wirke abschreckender als viele andere Strafen, sagen Experten.
Auch auf bundespolitischer Ebene wird derzeit ähnlich argumentiert. Nach langen Diskussionen in der großen Koalition will Bundesjustizminister Heiko Maas nun noch in diesem Jahr seinen Gesetzentwurf zum Führerscheinentzug für Straftäter vorlegen. Danach sollen Richter künftig - zusätzlich zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe - als "Nebenstrafe" auch ein Fahrverbot verhängen dürfen - etwa bei Steuerhinterziehung, Diebstahl, Körperverletzung oder unterlassenen Unterhaltszahlungen. Bislang wird der Führerschein nur bei Verkehrsdelikten - etwa zu schnellem Fahren - entzogen.
Die Begeisterung an der geplanten Neuregelung aus dem Bundesjustizministerium hält sich noch in Grenzen. Der Automobilclub ADAC und die Gewerkschaft der Polizei äußerten sich eher skeptisch. Ein Grund: Die Maßnahme träfe nur solche Menschen, die auf das Auto angewiesen seien.
Das gilt zwar auch für das jetzt in ganz Rheinland-Pfalz geplante Projekt Gelbe Karte. Doch an öffentlicher Kritik war hier bislang nichts zu hören.
Extra

Die umgangssprachlich Idiotentests genannten Medizinisch-Psychologischen Untersuchungen (MPU) gibt es seit vielen Jahrzehnten. Die MPU soll klären, ob jemand zum Fahren eines Autos oder Motorrads geeignet ist. Davon sind vor allem Autofahrer betroffen, die mit hohen Promillewerten oder unter Drogeneinfluss erwischt wurden und den Führerschein verloren haben. In Gesprächen versuchen Psychologen bei der Untersuchung, die Probleme der Fahrer zu erkunden. Bei Alkoholsündern geht es vor allem darum, sie so zu sensibilisieren, dass sie ihr Fehlverhalten erkennen und von sich aus korrigieren. Am Ende steht ein Gutachten für die Straßenverkehrsbehörde. Ist es negativ, sind Nachkurse fällig. Im schlimmsten Fall bleibt der Führerschein für immer entzogen. Nach Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen mussten sich in Deutschland zuletzt jährlich etwa 91 500 Personen, überwiegend Männer, einer MPU stellen - die meisten wegen ihres Alkoholkonsums. Auf Platz zwei landen Drogen und Medikamente. Vor zwei Jahren bestanden 58 Prozent aller Teilnehmer den Idiotentest, 35 Prozent wurden als ungeeignet eingestuft und sieben Prozent als nachschulungsfähig. Die Kosten für die Medizinisch-Psychologischen Untersuchungen liegen zwischen 350 und 800 Euro, inklusive Vorbereitungskurs kommen aber schnell über 1000 Euro zusammen. sey

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