Rückendeckung und Unverständnis
Der Rauch nach der Attacke des deutschen Finanzministers Peer Steinbrücks gegen Luxemburg hat sich noch immer nicht verzogen. Gestern Abend reagierte Premierminister Jean-Claude Juncker im ZDF empört auf die Angriffe Steinbrücks.
Luxemburg. Trotz seiner sichtlichen Empörung blieb Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker gestern Abend in der ZDF-Sendung Maybrit Illner erstaunlich ruhig. Sein Land sei keine Steueroase, sagte Juncker. Er lasse sich die Vorwürfe des deutschen Finanzministers Peer Steinbrück nicht mehr bieten, ihn störe vor allem die Art und Weise, wie derzeit gegen Luxemburg geschossen werde.
Unterstützung erhielt er dabei von EU-Kommissar Günter Verheugen (Luxemburg sei nicht das Problem) und dem ehemaligen deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher: Er habe extra eine Krawatte angezogen, die er bei einem Besuch in Luxemburg mal geschenkt bekommen habe.
Steinbrücks Attacke auf Luxemburg und sein Vergleich Österreichs, der Schweiz und anderer Länder mit Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos, spielte gestern auch bei der ersten Lesung des Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung im Bundestag eine Hauptrolle. Weil sich die CSU öffentlich gegen den SPD-Minister stellte, kam es gar zum Koalitionskrach. Bayerns Europaministerin Emilia Müller (CSU) entschuldigte sich in einem Brief an Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker "ausdrücklich für das wiederholte inakzeptable Auftreten" Steinbrücks. Derartige Vergleiche und "herrisches Verhalten" seien nicht repräsentativ für den Umgang Deutschlands mit seinen Nachbarn, schrieb die Ministerin. Damit verstieß sie nun ihrerseits gegen eine Grundregel: Selbst Oppositionspolitiker vermeiden es üblicherweise, im Ausland die eigene Regierung schlechtzumachen. Steinbrück blieb uneinsichtig, Steuerberatung und -hinterziehung seien kriminell.
Rückendeckung bekommt Steinbrück von der Steuergewerkschaft. Deren Chef, Dieter Ondracek, sagte im Gespräch mit unserer Zeitung, dass allein in Luxemburg 30 Milliarden Euro an Schwarzgeld "vergraben" seien. "Steinbrück hat Recht, das Bankgeheimnis muss geknackt werden", sagt der Gewerkschaftsboss. Nur dann könnten Steuerfahnder auch ohne konkreten Verdacht Steuerhinterzieher in Ländern wie Luxemburg ermitteln. Zollfahnder haben vergangenes Jahr bei Kontrollen entlang der Grenze in 160 Fällen knapp 2,4 Millionen Euro an aus Luxemburg geschmuggelten Schwarzgeld sichergestellt.
Die rüpelige Art des Finanzministers ärgert auch den ehemaligen Trierer Oberbürgermeister Helmut Schröer. Er schrieb an Juncker, der Ehrenbürger der Stadt ist. Durch das "unverantwortliche Gerede" könne der gesamten Region geschadet werden: "Lieber Jean-Claude, . Berlin ist sehr weit, und offensichtlich hat man nicht mehr den Bezug zur Realität, zu den Gegebenheiten vor Ort."