Ruhe, Ruhe - und nochmals Ruhe Der letzte Auftritt der Rebellin

Mit dem neuen Parteichef Erwin Huber und dem künftigen Ministerpräsidenten Günther Beckstein hat die CSU nach monatelangen Führungsquerelen einen Neuanfang eingeleitet. In einem waren sich am Ende alle einig: So einen abwechslungsreichen und spannenden Parteitag hat es zumindest in der jüngeren CSU-Geschichte nicht gegeben. Dafür verantwortlich war vor allem eine gebürtige Schweicherin - die CSU-Rebellin Gabriele Pauli.

München. (jau) Für manchen ist Gabriele Pauli so etwas wie ein Garant für etwas Besonderes. "Haben Sie für heute noch einen Coup vorbereitet, damit es nicht so langweilig wird?", fragen die Journalisten am Samstagmorgen, als die Fürther Landrätin gerade auf dem Parteitag eingetroffen ist. Einer Antwort bedarf es nicht, nur eines kleinen Lächelns, und schon ist klar: Natürlich kommt da heute noch was. Also, bitte: Vorhang auf für die Pauli-Show und Vorhang auf für eine Frau, mit der die CSU-Oberen immer noch nicht richtig umzugehen wissen.Und dann ein erster, zumindest für die Parteitagsregie unerwartet früher, Auftritt. Nach Günter Becksteins Rede für die Nominierung als Ministerpräsidenten-Kandidat meldet sie sich. Warum ihr "der liebe Günter" empfohlen haben, jemand wie sie müsse zum Psychiater gehen, will sie wissen. Beckstein schweigt, Tagespräsident Friedrich übersieht eine weitere Meldung Paulis zunächst geflissentlich, würgt dann einen weiteren Redebeitrag aus formalen Gründen ab - souverän ist anders. Jeder ärgert sich über "die Pauli", wahlweise wegen der vorgeschlagenen Ehe auf Zeit, ständig anders gefärbten Haaren oder viel zu kurzen Röcken. Trotzdem: Was, wenn die Pauli hier wirklich 60 bis 80 Stimmen abräumen kann? Am Ende sind es nur 24. "Abgestraft", heißt es danach unisono. Dabei war ihre Rede im Kampf um den CSU-Vorsitz wahrscheinlich das Beste, was sie seit Januar getan hat. Sie spricht sich für eine veränderte Diskussionskultur aus, für einen anderen Blick auf die Lebenswirklichkeit der Menschen und vor allem dafür, dass nicht nur die materiellen Dinge wichtig sind, sondern auch der gesellschaftliche Wert eines Menschen. Keine lauten Zwischenbemerkungen, keine "Aufhören"-Rufe wie noch am Morgen bei ihrem Angriff auf Beckstein, stattdessen sogar drei Mal ein bisschen Applaus. Später heißt es, sie sei über das Ergebnis nicht enttäuscht. Es war wohl der letzte Auftritt der CSU-Rebellin. Portrait Als CSU-Chef und Nachfolger Edmund Stoibers krönt der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber seine 40-jährige Parteikarriere. Als "Allzweckwaffe" hat er sich in der CSU unverzichtbar gemacht und auch in der Schwesterpartei CDU einen exzellenten Ruf erworben. Maßgeblich schrieb er 2005 am Unions-Wahlprogramm mit und war in führender Rolle an den Koalitionsverhandlungen beteiligt. Er kündigte an, als CSU-Chef für den Umzug nach Berlin bereitzustehen — nach der Bundestagswahl 2009. Huber — geboren am 26. Juli 1946 in Reisbach — wuchs als jüngster, außerehelicher Sohn einer Kriegerwitwe auf dem Einsiedlerhof eines Onkels auf. In den bayerischen Landtag zog er erstmals 1978 ein. Zehn Jahre später berief CSU-Chef Franz Josef Strauß den forschen Niederbayern zum Generalsekretär. 1994 holte Stoiber den "Wadlbeißer" in die Staatskanzlei. Gut ein Jahr später bekam der einstige Steuerinspektor seinen Traumjob als Finanzminister. 1998 wurde er erneut Staatskanzleichef. Die undankbare Aufgabe als zweiter Mann hinter Stoiber erfüllte er stets loyal.

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