Russisches Roulette

Traurig, aber wahr: Bestimmte Dinge kommen erst ans Tageslicht, wenn es zuvor heftig gerumst hat. Der Militärjet-Absturz nahe der kleinen Eifelgemeinde Oberkail ist dafür ein gutes Beispiel. Wäre die F-16 dort nicht vergangenen Donnerstag führerlos ins Feld gekracht, wüsste bis dato (fast) kein Mensch etwas über so genannte "kontrollierte Abstürze".

Dabei gibt es genau festgelegte Koordinaten, an denen Piloten im Notfall auf den Schleudersitzknopf drücken, offenbar in der Nähe jedes Militärflugplatzes. Der jeweilige Kommandeur, ob Amerikaner oder Deutscher, legt sie fest - und das war's. Die Information ziviler örtlicher Katastrophenstellen oder sonstiger Behörden? - Anscheinend überflüssig, warum auch? Dabei ist schon der Begriff "kontrollierter Absturz" pure Augenwischerei. Hat der Pilot den Jet erst einmal verlassen, trudelt die Maschine völlig unkontrolliert durch die Gegend. Geht's gut, landet der Unglücksflieger auf unbewohntem Terrain, geht's schief, trifft er halt ein bewohntes Eifeldorf. So etwas ist keine kontrollierte Havarie, sondern russisches Roulette. Ein Spiel mit dem Leben und der Gesundheit von Menschen obendrein. Reine Glückssache, dass beim Absturz von Oberkail nichts Dramatisches passiert ist. Zudem erinnert das ganze Prozedere ans St. Floriansprinzip. Haben die Amerikaner in der Luft ein Problem, müssen die im Unklaren gelassenen deutschen Anrainergemeinden bibbern und beten. Mit gutnachbarschaftlichen Beziehungen und der in Sonntagsreden gerne zitierten deutsch-amerikanischen Freundschaft hat das jedenfalls nichts zu tun. r.seydewitz@volksfreund.de

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