Scheinheilige Veranstaltung

Das Maut-Desaster ist allen noch im Kopf: Bis zuletzt lag es an der Technik, die nicht funktionierte, die Millionen verschlang, die die Einführung der Entfernungsabgabe mehrfach verschoben hatte und schließlich das System als Ganzes in Frage stellte.

Eine unausgereifte Technik steht auch nun wieder vor der Einführung. Nur geht es hier nicht um die Erfassung von Lastwagen, sondern um die Registrierung und Prüfung von Menschen. Mit der neuen Übertragungstechnik sollen biometrische Daten wie Fingerabdrücke und Gesichtserkennung sowie Namen und Geburtsdatum aus dem neuen Reisepass per Funkwellen abgetastet werden. Doch dieses Verfahren ist unausgereift, der Datenschutz mehr als fragwürdig. Und der Preis, den die Bundesbürger dafür zu zahlen haben, ist happig - rechtlich wie finanziell. Nicht nur, dass es mehr als unwahrscheinlich ist, auf diese Weise dem internationalen Terrorismus wirklich Herr zu werden. Wer ein Flugzeug in die Luft sprengen will, einen Bus entführen oder einen Gasanschlag auf Theaterbesucher ausüben will, wird nicht davor Halt machen, nur weil sein Fingerabdruck auf dem Pass prangt. Auch sind Reisefreiheit und Bürgerrechte letztlich verletzt, wenn etwa Urlauber an den Grenzen wegen technischer Mängel der Lesegeräte zu Unrecht zurückgewiesen werden. Bleibt der finanzielle Preis, eine Gebühr von wohl über hundert Euro je Reisepass, auf der der Bürger sitzen bleibt. Und wofür? Das ist kaum ersichtlich. So bleibt der Funkchip-Pass eine mehr als scheinheilige Veranstaltung im Nachgang an die Anschläge vom 11. September und in vorauseilendem Gehorsam den USA und ihrem Sicherheitsbedürfnis gegenüber. Mehr Schutz von Staatsseite oder mehr Service für den Bürger gibt es dagegen nicht. s.schwadorf@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort