Umwelt Schluss mit Gift im Garten

Trier · Das umstrittene Glyphosat soll nach dem Willen von Agrarministerin Julia Klöckner ab 2019 in Gärten, Parks und Sportanlagen verboten werden. Auch Bauern sollen es viel weniger einsetzen.

 Biene auf Kornblume – wegen Herbiziden ein seltener Anblick.

Biene auf Kornblume – wegen Herbiziden ein seltener Anblick.

Foto: dpa/Holger Hollemann

Die einen kratzen, stechen, flämmen oder jäten, wenn Löwenzahn sich durch die Terrassenfugen zwängt. Andere greifen einfach zur Giftspritze, und weg ist das Unkraut. Was in vielen Gärten bisher gängige Praxis war, soll nach dem Willen von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bald tabu sein.

Klöckner will das umstrittene Glyphosat für Privatleute verbieten. Nur Profis wie Berufsgärtner sollen es in Privatgärten noch nutzen dürfen – „aber nur, wenn es keine Alternativen gibt“, sagt Klöckner. Zudem müssten Aufzeichnungen gemacht werden. Auch in Parks und Sportanlagen sowie in der Nähe von Gewässern dürfe das Herbizid künftig nicht mehr verwendet werden. Für Naturschutzgebiete soll es keine Ausnahmen mehr geben.

„Zudem werden wir die Anwendung auf landwirtschaftlich oder gartenbaulich genutzten Flächen massiv einschränken“, betont Klöckner. Der Entwurf einer Verordnung soll nun abgestimmt werden. Inkrafttreten könnte das Ganze ab Frühjahr 2019. Landwirte sollen Glyphosat nur noch anwenden dürfen, wenn „Saumstrukturen“ wie Hecken da sind. Ausnahmen sind zudem für stark erosionsgefährdete Böden an Hängen oder für Unkräuter wie Disteln und Quecken geplant.

„Wenn es gelänge, den Glyphosateinsatz erheblich zu reduzieren, dann wäre das ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Manfred Weishaar, Vorsitzender des Naturschutzbunds Nabu Region Trier. Denn an jeder Pflanze lebe etwa ein Dutzend Insekten. „Wenn ich die Pflanzen beseitige, beseitige ich auch die Insekten“, betont er.

Auch die rheinland-pfälzische Landwirtschaftskammer (LWK) und der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau reagieren weitgehend positiv auf den Vorstoß. „Die Reduktion auf das notwendige Maß ist für mich unabdingbar“, sagt Verbandspräsident Michael Horper. Genau wie Karl Riedesser, Leiter der Abteilung Pflanzenbau bei der LWK, betont er jedoch, wie wichtig Glyphosat für den pfluglosen Ackerbau sei. Bei dieser Form der Bodenbearbeitung wird der Acker nicht tiefgründig aufgebrochen. Das Bodengefüge bleibt so intakt und die Gefahr von Erosion wird verringert. Ohne Glyphosat müssen Landwirte laut Riedesser mit Pflug und Striegel ein bis zweimal öfter über den Acker fahren, um das Unkraut mechanisch zu entfernen. Das koste Zeit, verbrauche mehr Sprit, sei schlechter fürs Klima, steigere die Produktionskosten und so auch den Preis der Nahrungsmittel.

 Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) beantwortet Fragen von Journalisten zu ihrer Glyphosat-Strategie.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) beantwortet Fragen von Journalisten zu ihrer Glyphosat-Strategie.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

„Ich warne vor einem totalen Verbot“, sagt Horper. Denn wenn das Totalherbizid, das gegen alle grünen Pflanzen wirkt, nicht mehr zur Verfügung stehe, müssten Bauern womöglich drei bis vier andere Pflanzenschutzmittel spritzen. Riedesser schätzt, dass etwa zehn Prozent der rheinland-pfälzischen Bauern Glyphosat einsetzen – überwiegend im Ackerbau. Auch Winzer nutzen das Mittel.

Umweltministerin Svenja Schulze sagt, sie wolle, dass Glyphosat spätestens zum Ende der Legislaturperiode keine Rolle mehr spielt.

Kritik an Klöckner kommt von der Hunsrücker FDP-Abgeordneten Carina Konrad. Glyphosat werde als Teil einer bodenschonenden Ackerbaustrategie benötigt. Dass die Bahn das Mittel weiter „beliebig einsetzen darf“, zeige die „mangelnde fachliche Qualität der Entscheidung“. Die Bahn, laut Klöckner größter Glyphosat-Anwender in Deutschland, ist vorerst nicht betroffen. Die Ministerin will aber mit dem Unternehmen reden.

In Deutschland werden pro Jahr etwa 5000 Tonnen Glyphosat-Produkte verkauft. Die Privatanwendung macht zwei Prozent aus. Umweltschützer beklagen negative Folgen für die Artenvielfalt, da Glyphosat Insekten und Vögeln die Lebensgrundlage entziehe. Umstritten ist, ob es krebserregend ist.

(Mit Material von dpa.)

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