Schluss mit lustig

Was die erstaunte Nation in diesen österlichen Tagen erlebt, passt auffällig gut zur Karwoche. Zu beobachten ist eine öffentliche Katharsis (Reinigung), eine Läuterung der Seele und der Sinne. Die Gesellschaft ist dabei, die aus dem Unterholz der Wirtschaftswunderjahre erwachsene Champagner-Kultur der republikanischen Elite zu hinterfragen, die Kategorien von Moral und Anstand zu thematisieren.

Zwar resultiert diese Entwicklung eher aus einem Empörungs- und Neid-Impuls. Doch ist es letztlich egal, auf welche Weise die Verhältnisse wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Es gärt schon länger, denn die mit einem unglaublichen Unrechtsbewusstsein gepaarte Gier in den oberen Etagen steht in krassem Kontrast zur sozialen Befindlichkeit im Lande. Während überall gekürzt, gestrichen und entlassen wird, genehmigen sich abgehobene Kreise ungeniert Privilegien, Gehaltssprünge und Optionen. Die Verfehlungen des Bundesbankpräsidenten Welteke mögen nur "Peanuts” sein. Doch genau diese Begrifflichkeit des ehemaligen Deutsche-Bank-Chefs Kopper verdeutlicht, welche Geisteshaltung dahinter steckt. Politik und Bevölkerung sind aber nicht mehr bereit, "Peanuts” zu tolerieren. Es ist Schluss mit lustig. Welteke bekommt dies zu spüren, und sein erzwungener Rücktritt (der nur noch eine Frage der Zeit ist) ist deswegen nicht nur richtig. Er wirkt auch nach als unmissverständliches Signal an alle Amtsträger, das eigene Verhalten künftig mehr am Gemeinsinn denn am Eigensinn zu orientieren. nachrichten.red@volksfreund.de

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