Schröders Retourkutsche

Spätestens mit der gestrigen Absage ist die Urlaubsfrage des Kanzlers zum Politikum geworden. Was als primitive Äußerung eines Staatssekretärs in Rom begann, und sich als Posse den Weg durch die internationalen Gazetten bahnte, hat sich nun tatsächlich zu einer diplomatischen Krise zweier befreundeter Staaten ausgewachsen.

Allerdings muss man den Konflikt zwischen Rom und Berlin in toto betrachten: Das eigentliche Problem heißt nicht Stefano Stefani, sondern Silvio Berlusconi. Der Ministerpräsident ist der Auslöser der Krise. Solange er "nur" versuchte, sich mit dubiosen Mitteln das wunderschöne Land südlich der Alpen unterzuordnen, blieb Deutschland (und Europa) nichts übrig, als mit ohnmächtigem Frust nach Rom zu blicken. Jetzt aber, da Berlusconi Ratspräsident der Europäischen Union ist und seine Eignung für dieses hohe Amt gleich zu Beginn mit seinem unsäglichen KZ-Vergleich infrage stellte, ist "der Pate" zum Problem der gesamten europäischen Familie geworden. Als seriöser Freund und Partner hätte sich der Ministerpräsident für seinen Ausfall nicht nur entschuldigen müssen, er hätte auch seinen Staatssekretär feuern müssen, und zwar subito. Weil aber die Italiener keine Anstalten machten, zu einem zivilisierten Umgang zurück zu finden, kann der Urlaubsabsage des Kanzlers durchaus Verständnis entgegen gebracht werden. Ob es auch politisch klug war, diese Retourkutsche zu fahren, wird erst die Zukunft zeigen. nachrichten.red@volksfreund.de

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