Schwarz-gelb vor dem Kleinkrieg

Berlin · Nach dem Präsidenten-Drama hadern Union und FDP miteinander. Im Gefolge der Gauck-Nominierung könnten sich zahlreiche Konflikte verschärfen.

Berlin. Auch gestern war der Pulverdampf noch nicht verraucht. Nun warte man darauf, hieß es aus der FDP, wie die Union versuchen werde, die Liberalen "zu brüskieren". Und bei CDU/CSU sprach man von einer härteren Gangart, die man einschlagen werde. Dass die FDP mit ihrem eiskalten Machtpoker gegen den Willen der Union Joachim Gauck den Weg ins Schloss Bellevue geebnet hat (siehe Grafik), könnte in den nächsten Wochen zu einem schwarz-gelben Kleinkrieg führen.
"Man sieht sich im Leben immer zweimal." Das ist der Satz, den der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Sonntag beim abendlichen Geschacher im Kanzleramt drohend an die Adresse von FDP-Chef Philipp Rösler gesagt haben soll. Und den der einflussreiche CDU-Innenexperte, Wolfgang Bosbach, am Tag danach öffentlich in den Mund nahm.
Zwar war die schwarz-gelbe Beziehung auch vor dem Drama um Gauck bereits angespannt gewesen - gut redet man lange schon nicht mehr übereinander. Aber genau dieser eine Satz könnte in den kommenden Wochen besonders folgenreich für die Koalitionäre werden. Fest steht: Der für Anfang März geplante Koalitionsausschuss wird brisant werden. Und die von ihrem Erfolg euphorisierten Liberalen haben Lunte gerochen. Sie wollen künftig deutlich selbstbewusster gegenüber der Union auftreten in der Hoffnung, dass der Wähler dies honoriert. "Vorführen lassen wir uns nicht mehr", so ein Präsidiumsmitglied zu unserer Zeitung. Fakt ist: Es hakt an vielen Stellen in der Koalition. Der präsidiale Zoff könnte deshalb bestehende Konflikte verschärfen und Einigungen noch schwieriger machen. Konfliktfelder tun sich bei der Pflegereform, in der Steuerpolitik (samt dem Thema Finanztransaktionssteuer), bei der inneren Sicherheit (Thema Massenspeicherung von Telefon- und Internetdaten) und beim Mindestlohn auf. Und dann ist da noch die Griechenlandhilfe: Am kommenden Montag, wenn über das neue Milliardenpaket im Bundestag abgestimmt werden soll, wird sich vor allem beobachten lassen, wie vergiftet das Klima zwischen den Partnern wirklich ist. Eine eigene Mehrheit der Koalition scheint aber nicht in Gefahr zu sein.

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