Schweizer Käse oder echte Millionen?

Waren bei der gescheiterten Privatfinanzierung des Projekts "Nürburgring 2009" doch keine Betrüger am Werk? Laut Staatsanwaltschaft Koblenz hat sich der Tatverdacht gegen zwei Beschuldigte vorläufig nicht erhärtet. Hingegen bleibt der Schweizer Finanzvermittler Urs Barandun im Visier.

Mainz. In der Nürburgring-Affäre zeichnet sich eine Entwicklung ab, die den heftig unter Beschuss stehenden ehemaligen Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) freuen dürfte. Wie der Leitende Koblenzer Oberstaatsanwalt Horst Hund am Montag mitteilte, sind die Beweise gegen die beiden unter Betrugsverdacht stehenden Gesellschafter der Firma Pinebeck ausgewertet worden. Ergebnis: Die beiden Beschuldigten hätten "vielfältige nachgewiesene Finanzierungsvermittlungs-Bemühungen" unternommen. Der Verdacht einer Täuschung habe sich nicht erhärtet.

Es geht um die beiden Geschäftsleute Michael Merten und Norman Böhm. Sie wollten die neuen Immobilien des mehr als 300 Millionen Euro teuren Freizeit- und Geschäftszentrums an der Eifel-Rennstrecke von der weitgehend landeseigenen Nürburgring GmbH kaufen und sie anschließend an diese vermieten. Das Land wollte auf diese Weise 50 Millionen Euro gegenüber einer normalen Bank-Finanzierung sparen. Merten und Böhm planten den Nürburgring-Deal im Rahmen eines Milliardengeschäftes mit aufgekauften US-Lebensversicherungen, sogenannten Senior Life Settlements (SLS).

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Finanzvermittler, weil der Verdacht aufkam, sie hätten von der Nürburgring GmbH lediglich Provisionen kassieren wollen. Insgesamt bekam die Firma Pinebeck 1,2 Millionen Euro Honorar. Dafür sollte sie dem Nürburgring eine Finanzierung besorgen. Geld an den Ring floss aber nie.

Merten und Böhm arbeiteten mit dem Schweizer Finanzvermittler Urs Barandun zusammen, der ihnen das Geld zum Kauf der Nürburgring-Immobilien beschaffen sollte. Auch gegen diesen wird ermittelt. Barandun hatte zwei Schecks im Wert von 67 Millionen und 33 Millionen US-Dollar vorgelegt, die aber laut Leitendem Oberstaatsanwalt Hund von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) nicht eingelöst werden konnten. Die Landesregierung stoppte daraufhin Mitte Juli 2009 das Geschäft. Finanzminister Deubel trat zurück.

Alles nur Schweizer Käse oder echte Millionen? In den Ermittlungen geht es nun vorwiegend darum, ob Baranduns Schecks werthaltig waren. Deubel hatte vergangenen Freitag im Untersuchungsausschuss betont, das Geld habe von einem amerikanischen Investor namens Dupont aus Delaware gestammt. Dabei habe es sich nicht um den ehemals versehentlich genannten Milliardär Pierre Dupont V. gehandelt. Horst Hund sagt zu den Schecks: "Es gibt noch keine Stellungnahme der bezogenen Bank, die als einzige Stelle die Werthaltigkeit der Schecks eindeutig und endgültig klären kann." Die Staatsanwaltschaft habe ein Rechtshilfeersuchen an die amerikanischen Behörden gerichtet und um Übermittlung entsprechender Beweismittel gebeten. Die Antwort liege noch nicht vor.

Nach Angaben von Hund hat die Behörde noch keinen Gebrauch von zweimaligen Angeboten des Berliner Anwalts von Urs Barandun gemacht, sein Mandant sei zu Vernehmungen bereit. Zunächst müsse eindeutig geklärt werden, ob die von Barandun vorgelegten Schecks werthaltig gewesen seien. "Wenn sie gedeckt waren und hätten eingelöst werden können, kommt ein Provisionsbetrug nicht mehr in Betracht."

Die Staatsanwaltschaft prüft ferner, ob im Zusammenhang mit der Nürburgring-Affäre gegen weitere Personen ermittelt wird. Ein vom Land beauftragtes Gutachten der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young deutet an, dass aufgrund von Fehlverhalten des im Dezember fristlos entlassenen Ring-Hauptgeschäftsführers Walter Kafitz strafrechtliche Konsequenzen drohen könnten (der TV berichtete). Dazu sagt Horst Hund, das Gutachten liege den Ermittlern seit dem 30. Dezember vor und sei bereits ausgewertet worden. Verstöße gegen einen Gesellschaftsvertrag seien "nicht grundsätzlich strafbewehrt". Will wohl heißen: Mögliches Missmanagement ist nicht unbedingt strafbar.

Meinung

Kräftig abkassiert

Unabhängig von der Frage, ob die Staatsanwaltschaft den ehemaligen Geschäftspartnern der Nürburgring GmbH betrügerische Absichten nachweisen kann oder nicht, bleibt festzuhalten: Zwei von ihnen haben kräftig abkassiert. Während Versicherungs- oder Immobilien-Makler nur im Erfolgsfall Geld bekommen, war man am Nürburgring großzügig. Hier wurden Honorare gezahlt - teils nach mündlicher Vereinbarung -, ohne dass es ein Ergebnis gegeben hätte. Seriosität und Bonität der Geschäftspartner wurden nur unzureichend geprüft. Dass sie einschlägig vorbestraft waren, interessierte anscheinend niemanden. Im Falle des schillernden Schweizers Urs Barandun käme es einer Sensation gleich, sollten seine Millionen-Schecks doch gedeckt gewesen sein. Aber auch das würde nichts daran ändern, dass das Mega-Projekt in der Eifel von vielen Fehlern begleitet wurde und dass dessen Wirtschaftlichkeit nach wie vor zweifelhaft ist - obwohl die Konzeption bereits grundlegend geändert wurde. f.giarra@volksfreund.de

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