Schwimmende Opern, doppelte Hamlets und einstürzende Altbauten

Wer sagt, dass es für Kultur kein Geld mehr gibt? Die Staatsoper Berlin ist am Sonntag mit einer PR-trächtigen Schiffstour in ihr Übergangs-Domizil, das alte Schillertheater umgezogen.


Drei Spielzeiten lang, bis 2013, soll das Gebäude Unter den Linden saniert werden - für 240 Millionen Euro. Dass es Intendant Flimm und Musikchef Barenboim angesichts solcher Summen schwindlig geworden sei, ist freilich ein Gerücht. Wenn sie etwas blass um die Nase waren, dann allenfalls wegen des Wellengangs auf der Spree. Reichlich Wellen machte zeitgleich in Hamburg die neue Produktion von Shakespeares "Hamlet" im Thalia Theater in der Regie von Luc Perceval. Die Titelrolle teilen sich ein älterer Schauspieler mit Bauch sowie ein jüngerer, zeitweise unbekleideter Akteur. Zentrales Element des Bühnenbilds ist ein toter Hirsch. Sollte die Erregung des Feuilletons Maßstab für Qualität sein, war es eine großartige Aufführung, denn die Meinungen der Kritiker gingen extrem auseinander. Das Hamburger Publikum jedenfalls jubelte. In Paris bejubelt man derweil Claude Monet. Die erste große französische Werkschau des Vaters des Impressionismus seit 30 Jahren schlägt alle Rekorde. Im gigantischen Grand Palais, das selbst ohne Ausstellung einen Besuch wert ist, werden bis zum 24. Januar mehr als eine halbe Million Besucher die 200 Gemälde in Augenschein nehmen. Mit kilometerlangen Schlangen ist zu rechnen. Das gilt offenkundig auch für die Welttour von Pink Floyds "The Wall", die dieser Tage in Toronto begonnen hat. Mastermind Roger Waters lässt die mythenumrankte Mauer-Schau nach 20 Jahren wieder aufleben und verleiht ihr damit endgültig den Status einer klassischen Rock-Sinfonie des 20. Jahrhunderts. "Auf diese Steine können sie bauen", empfahl nicht nur die "Welt" nach der Premiere in Kanada. Allerdings müssen Bauwillige ziemlich schnell sein, denn die sieben Deutschland-Konzerte im Juni 2011 sind schon weitgehend ausverkauft. Nicht jede Belebung von Rock-Mythen hinterlässt ein ähnlich gutes Gefühl. Dass der Komiker Sacha Baron Cohen ("Borat", "Brüno") in einer Film-biografie das Leben von Queen-Ikone Freddy Mercury verkörpern soll, bereitet nicht nur eingefleischten Queen-Fans leichtes Magendrücken. Immerhin gelten Drehbuchschreiber Peter Morgan und Produzent Robert de Niro als Garanten für halbwegs seriöse Arbeit.

Seriös wollten sie nie sein, die Vertreter der Mod-Jugendkultur im England der 60er Jahre. Schick aber schon, in ihren Nylonparkas und geblümten Seidenhemden. Glaubt man der London Fashion Week, dann kommt im Frühjahr der Look der frühen David Bowies, The Who oder Rod Stewart wieder - vielleicht sogar inklusive dem obligatorischen Motorroller. hpl/yz

Dieter Lintz

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