Sie kommt, sie kommt nicht, sie kommt...

BERLIN. In Berlin ist erneut eine Debatte um die PKW-Maut entbrannt.Die Zahl prominenter Befürworter wächst.

Die Forderung nach Einführung einer PKW-Maut bringen gern jene Politiker aufs Tapet, die man getrost zur "zweiten Reihe" zählen kann. Wie oft hat es diese Debatte in den vergangenen Jahren schon gegeben? Unzählige Male. Und jeweils war der Aufschrei im Autofahrerland Deutschland entsprechend groß, Aufmerksamkeit also garantiert. Volker Kauder ist aber nicht irgendwer. Der Mann ist Fraktionsvorsitzender der Unionsparteien, er hat einen ganz heißen Draht zu Angela Merkel. Kaum vorstellbar ist eigentlich, dass er ohne Rückendeckung der Kanzlerin einen solch heiklen Vorstoß unternimmt, dass er sich einfach nur vergaloppiert hat. "Das neue Maut-System soll künftig auch für die PKW-Maut zum Einsatz kommen, denn damit kann man eine wirklich streckenabhängige Gebühr verlangen", hatte der Fraktionschef in einem Interview angekündigt. Prompt tönten die Nein-Sager zurück, allen voran Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Doch die prominenten Befürworter wie Kauder werden immer lauter. "Wortmeldungen mit der Forderung nach PKW-Mautvignetten oder dem Einbau von Mautcomputern in jedes Auto sind abwegig", bekam der CDU-Mann eine Watschen von Tiefensee. "Die Autofahrer in Deutschland haben die Straßen bereits durch die Mineralöl- und die Kraftfahrzeugsteuer bezahlt", wischte der Minister die PKW-Maut schleunigst vom Tisch. Gefundenes Fressen für Wahlkämpfer

Doch die Forderung war für Tiefensee ebenso ein gefundenes Fressen: Schließlich stehen Ende März gleich drei Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt an. Eine solche Chance, sich als Retter der berühmten "Melkkuh" Autofahrer zu präsentieren, lässt man sich nicht entgehen. Der Minister übersieht allerdings, dass genügend ernst zu nehmende Pläne und Papiere in den Schubladen der Verkehrspolitiker liegen, in denen die PKW-Maut zur Rettung der permanent unterfinanzierten Verkehrsinfrastruktur für unumgänglich gehalten wird. Deutsche Straßen werden schließlich nicht besser, sondern immer maroder. In den Berliner Zirkeln wird daher oft auf die regierungsamtliche Pällmann-Kommission verwiesen, die vor einigen Jahren ein viel beachtetes Konzept zur Neugestaltung der Infrastrukturfinanzierung präsentiert hatte - auch die Autofahrer sollten schleunigst zur Kasse gebeten werden, per Maut oder streckenabhängiger Vignette, heißt es darin. Im Gegenzug, so Kauders Pläne, müssten Autofahrer steuerlich entlastet werden. Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, CSU-Mann Ernst Hinsken, wurde gestern konkret: Er schlug eine 100 Euro teure Jahres-Vignette vor, bei gleichzeitiger Senkung der Ökosteuer auf Benzin um zehn Cent pro Liter. Es sind aber nicht nur die Konzepte, die kursieren und aufmerksam machen. Die Zahl der Befürworter mit hochkarätigen Namen, die die PKW-Maut klammheimlich vorantreiben, wächst stetig: Unlängst ließ Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) seine Sympathie für die Maut durchblicken. Beim Neujahrsempfang der Telekom in Berlin lobte er besonders das LKW-Maut-System und hob seine Eignung für die Erfassung von PKW hervor. Baden-Württembergs Günther Oettinger (CDU) gilt ebenso als Fan der Gebühr. "Ich glaube, dass eine PKW-Maut langfristig ernsthaft in Erwägung zu ziehen ist", sagte Oettinger vor wenigen Wochen. Seine Landesregierung untermauerte dies schriftlich durch einen Beschlussvorschlag für die Verkehrsministerkonferenz. Nach Kauders Vorstellungen soll die Maut-Einführung in der nächsten Legislaturperiode kommen. Zum Einen, weil dann die technischen Voraussetzungen des satellitengesteuerten Systems gegeben sind. Zum Anderen hofft der Fraktionschef wohl, dass der Koalitionspartner dann FDP heißt. Denn "wir plädieren schon lange für eine Nutzerfinanzierung", so der liberale Experte Horst Friedrich gegenüber unserer Zeitung. "Aber nicht ohne eine gleichzeitige Senkung der hohen steuerlichen Belastung für Autofahrer", verspricht er.

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