Sie macht Dampf, er wirkt verstimmt

Die Bundesregierung hat in der Steueraffäre mit Liechtenstein den Druck auf das Fürstentum erhöht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfing den liechtensteinischen Regierungschef Otmar Hasler gestern in Berlin.

Berlin. Der Mann stapelt tief. Vermutlich ist das die beste Methode angesichts des Sturms der Entrüstung, der derzeit über sein Land hinwegfegt. "Ich bedanke mich noch einmal für den Empfang hier", sagt Otmar Hasler fröstelnd; es ist zwar kalt frühmorgens am Brandenburger Tor, aber nicht ganz so frostig wie die Stimmung, die dem liechtensteinischen Regierungschef derzeit in Deutschland entgegenschlägt. Vor einer Woche noch hätte vom Staatsbesuch Otmar Haslers niemand Notiz genommen. Doch seit die Republik im Steuerhinterziehungs-Sumpf versinkt, weil Top-Verdiener dank liechtensteinischer Finanz- und Stiftungsmodelle Geld ins Fürstentum geschafft haben, steht Hasler für das "moderne Raubrittertum". Sagt SPD-Chef Kurt Beck. Groß, mit lichtem grauen Haar, Typ blasser Kassenwart, das sind also die Ritter von heute. Unscheinbar, aber anscheinend besonders gewieft. Hasler weiß, was im großen Deutschland jetzt von ihm erwartet wird: Während aus seiner Heimat kräftig zurückgeschossen wird, gibt er sich klein und etwas demütig; vornehm bietet er bei seinen Gesprächen Kooperationen in Steuerfragen an. Man kann sich gut vorstellen, was die selbstbewussten Liechtensteiner darunter nicht verstehen: Das Land ist dank seines fantasievollen Angebots an Finanzdienstleistungen eines der reichsten der Welt. Den Ast sägt man sich möglichst nicht freiwillig ab. Angela Merkel empfängt Hasler am Nachmittag mit militärischen Ehren. Hinter verschlossenen Türen kommt sie schnell zur Sache und präsentiert Hasler einen Forderungskatalog: Rechtshilfe bei Steuerstraftaten, Reform des Stiftungsrechts, Umsetzung der EU-Geldwäsche-Richtlinie. Hasler hört zu und verspricht, sein Land sei bereit, ein Betrugsbekämpfungsabkommen zu schließen. Merkel drängt in dieser Frage auf zügige Verhandlungen. "Was in den USA möglich ist, sollte auch mit der EU möglich sein", fordert sie später enge Zusammenarbeit in Steuerfragen. Sie macht Dampf, er wirkt verstimmt. Früher als gedacht tritt man vor die Presse, nach nur 45 Minuten Gespräch. Hasler versucht, gelassen zu bleiben. Dass das Klima nicht freundlich war, ist zu sehen: Es wird nicht gelächelt, beim Abschlussfoto muss sich die Kanzlerin sogar ein Lächeln abringen. Der harsche Angriff aus Vaduz, Deutschland sei ein Hehler, wirkt besonders nach. Merkel meint zwar: "Das lege ich lieber nicht auf die Goldwaage." Die Szenerie im Kanzleramt sagt jedoch etwas anderes aus.

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