Signalwirkung

Ein bemerkenswertes Urteil, das die Koblenzer Richter fällten. Ein Urteil, das infizierten Angehörigen von Opfern eines der größten Medizinskandale der Bundesrepublik Hoffnung machen kann. Bislang wurde nur den direkt Geschädigten nach langwierigen Prozessen Schmerzensgeld zugesprochen.

Kein Gericht erkannte bislang die Mitschuld von Krankenhäusern oder Pharmaherstellern an der Infizierung von Angehörigen an. Obwohl längst bewiesen ist, dass durch die skrupellose Profitgier einiger Pharma-Unternehmer aufwendige Tests der Blutkonserven verhindert und damit bewusst Menschenleben aufs Spiel gesetzt wurden. Genauso wie die Mitschuld von Medizinern, die nicht auf das Risiko hinwiesen, bekannt ist. Von dem Koblenzer Spruch geht Signalwirkung aus. Nicht die Opfer sind in der Beweispflicht, sondern die Kliniken. Ein Hoffnungsschimmer für alle, die das menschenverachtende Verhalten der Verantwortlichen bislang überlebt - viele Opfer des Skandals und deren Angehörige sind bereits gestorben - und noch die Kraft haben, einen zeitaufwendigen und teuren Prozess zu führen, in dem immer wieder versucht wird, den Betroffenen die Schuld an der unheilbaren Krankheit zu geben. Damit werden Ärzte und Unternehmen von einer längst verdrängten, unschönen Vergangenheit eingeholt. Es wurden Lehren aus dem Skandal gezogen: Die Sicherheit bei Blutprodukten ist größer geworden, auch wenn ein Restrisiko bleibt. Doch für die Opfer und ihre Angehörigen kamen die Gesetze und Verordnungen zu spät. Daher sollten sich Kliniken und Pharmahersteller nicht einfach von einer Schuld lossprechen. b.wientjes@volksfreund.de

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