So will Minister Bahr die Ärzte aufs Land locken

Berlin · Mehr Landärzte, höhere Honorare, effektivere Behandlungen - mit einem Bündel von Maßnahmen will die Bundesregierung die Versorgung der Kassenpatienten verbessern.

 Wenn man das Stethoskop quasi ans Herz der Region mit ihren vielen Patienten (Mensch-ärgere-dich-nicht-Männchen) legt, wird klar: Das Gebiet ist ärztlich unterversorgt. TV-Foto: Klaus Kimmling

Wenn man das Stethoskop quasi ans Herz der Region mit ihren vielen Patienten (Mensch-ärgere-dich-nicht-Männchen) legt, wird klar: Das Gebiet ist ärztlich unterversorgt. TV-Foto: Klaus Kimmling

Berlin. Die Regierung hat gestern den Entwurf für das sogenannte Versorgungsstrukturgesetz verabschiedet. Ausgangspunkt: In strukturschwachen Regionen droht eine ärztliche Unterversorgung. Hier die wichtigsten Punkte der Regierungsvorlage:

Anreize für Ärzte: Um Mediziner zum Umzug aufs Land zu bewegen, soll es dort keine Honorarabschläge oberhalb einer bestimmten Zahl von Patienten mehr geben. Denn in der Regel haben es Ländärzte mit besonders vielen Patienten zu tun. Derzeit gibt es einen vorab geschätzten Behandlungsbedarf. Leistet der Arzt mehr, bekommt er die Arbeit nur teilweise vergütet. Darüber hinaus sieht die Reform Zuschläge vor, für die Ärzte und Kassen einen Fonds anlegen müssen. Zudem wird die sogenannte Residenzpflicht aufgehoben. Das heißt, die Ärzte müssen nicht mehr in dem Dorf leben, wo die Praxis ist. Der Wohnort kann auch die Kreisstadt sein.

Überversorgung: Durch einen "freiwilligen Verzicht" will Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) die überdurchschnittlich hohe Arztdichte in Ballungsgebieten und Regionen mit gut verdienenden Patienten reduzieren. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sollen Praxen aufkaufen und stilllegen können, sofern der Arzt sie veräußern will. Sein Honorar würde dann künftig auf die übrigen Arztsitze verteilt werden, was laut Bahr einen "Eigenanreiz" für die KV darstellt.

Honorare: Mit der Tendenz zur Vereinheitlichung der Arzthonorare will Bahr Schluss machen. Künftig soll die Vergütung wieder auf Landesebene ausgehandelt werden. Neben der Besserstellung von Landärzten werden auch die Zahnärzte künftig stärker bedacht. Von 2013 an bekommen sie jährlich 120 Millionen Euro mehr.

Spezialärztliche Leistungen: Viele Behandlungen von seltenen oder lebensbedrohlichen Erkrankungen werden heute parallel von Praxisärzten und Krankenhäusern erbracht - ohne sinnvolle Abstimmung. Dadurch werden Patienten nicht selten zwischen beiden Bereichen hin- und hergeschoben. Um das zu abzustellen, will Bahr die Spielregeln für beide Sektoren vereinheitlichen. Künftig soll zu gleichen finanziellen Bedingungen bei gleichen Qualitätsstandards behandelt werden.

Neue Angebote: Zur Förderung des Wettbewerbs sollen Kassen ihren Versicherten zusätzliche Leistungen - wie etwa die Kostenübernahme für eine künstliche Befruchtung - anbieten dürfen. Derzeit gilt ein Katalog von Pflichtleistungen; er bleibt auch weiter bei allen Kassentarifen verbindlich.

Kassenschließungen: Nach dem Desaster bei der pleitegegangenen City BKK werden die Rechte der Versicherten gestärkt. Sollte eine Kasse die Aufnahme von Versicherten verweigern, drohen spürbare Strafen durch die Aufsichtsbehörden. Auch der Kassenwechsel selbst soll für Versicherte aus Pleite-Kassen unbürokratischer werden.In der Region Trier fehlen laut Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zurzeit 62 Hausärzte. Dadurch dass die KV kürzlich einen Demografiefaktor eingeführt hat, der den zunehmenden Anteil älterer Patienten berücksichtigt, hat sich die Zahl der unbesetzten Arztsitze erhöht. 72 Hausärzte gibt es derzeit im Kreis Bernkastel-Wittlich. Elf Arztsitze waren bis zur Einführung des Demografiefaktors offen, nun sind noch sechs hinzugekommen. In Trier und Trier-Saarburg gibt es rund 160 Hausärzte und nach wie vor 22 offene Stellen. Im Eifelkreis Bitburg-Prüm praktizieren 57 Hausärzte, zwölf offene Stellen gab es bisher, 16 sind es jetzt. Im Vulkaneifelkreis haben sich 42 Hausärzte niedergelassen, zugelassen sind 49. Niedergelassene Fachärzte wie etwa Anästhesisten, Chirurgen, Internisten, Frauenärzte, Hautärzte, Kinderärzte, Orthopäden, Radiologen oder Urologen gibt es laut der Bedarfsplanung genügend in der Region. wie/red

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