Sorge um Soldaten am Hindukusch

Faisabad /BERLIN. Mit dem jüngsten Zwischenfall in der nordafghanischen Provinzhauptstadt Faisabad sind auch die Sorgen um die Sicherheit des dort stationierten Aufbauteams der Bundeswehr (PRT) gewachsen.

Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) hält die Mission der Bundeswehr in Afghanistan auch nach den jüngsten Nachrichten aus Faisabad in keiner Weise für gefährdet. Er weist aber vorsorglich darauf hin, dass die Bundeswehr in Notlagen "sehr schnell" Flugkapazitäten und zusätzliche Einsatzkräfte aus der Nachbarregion Kundus sowie aus Kabul bereit stellen könne. Zuvor war Strucks Ressort Meldungen entgegen getreten, wonach in Faisabad stationierte deutsche Soldaten am 7. September den Attacken einer wütenden Menge auf das Gebäude einer Schweizer Hilfsorganisation tatenlos zugesehen hätten. Dem Verteidigungsministerium zufolge sind die Streitkräfte erst eingetroffen, als sich die Lage bereits entspannte. Ein Eingreifen sei nicht erforderlich gewesen. Für den verteidigungspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Christian Schmidt, bleiben Zweifel. "Da besteht noch Aufklärungsbedarf", meinte der CSU-Politiker gegenüber unserer Zeitung. Klarheit könnte eine Reise nach Feisabad bringen, die der Minister und die Verteidigungs- experten der Bundestags-Parteien am übernächsten Wochenende unternehmen wollen. Der Besuch dient der anstehenden Entscheidung über eine Verlängerung des Bundestags-Mandats für die regionalen PRT-Teams. Ihr Einsatz ist vorerst bis zum 13. Oktober befristet. Die Abstimmung im Bundestag wird voraussichtlich in der letzten Septemberwoche stattfinden. In Faisabad tun seit Anfang September rund 60 deutsche Soldaten Dienst. Parallel dazu sollen weitere 65 Mann für begrenzte Zeit dort hin verlegt werden, um die für den 9. Oktober geplanten Präsidentschaftswahlen abzusichern. Zuvor hatte die Bundeswehr bereits in Kundus ein Aufbau-Team eingerichtet. Nach dem aktuellen Mandat können bis zu 2250 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan operieren. Derzeit sind es rund 2000. Gegen eine Verlängerung des Mandats hat Schmidt im Grundsatz nichts einzuwenden. Allerdings fordert er eine Konkretisierung des Auftrages. Nach dem geltenden Parlamentsbeschluss sollen die deutschen Soldaten dafür sorgen, dass sowohl die afghanischen Staatsorgane als auch UN-Mitarbeiter und Hilfsorganisationen "in einem sicheren Umfeld" arbeiten können. Schmidt befürchtet, dass sich damit Konflikte wie zuletzt in Feisabad nicht bewältigen lassen. Zumal die deutschen Teams weitgehend allein auf weiter Flur da stehen. Aus dem ursprünglichen Plan, ein ganzes Netz von Aufbauteams aus verbündeten Staaten zu schaffen, ist nichts geworden. "Der jetzige Auftrag und die fehlende Vernetzung stellt die Handlungsfähigkeit unserer Soldaten in Frage", sagt Schmidt. Die Mission könne nur unter einem abgestimmten Kommando mit den US-Streitkräften gelingen. Auch Unionsfraktionsvize Wolfgang Schäuble will das Beschlusspapier der Regierung sorgfältig prüfen. "Wenn das einigermaßen zu verantworten ist, dann werden wir auch wieder zustimmen, weil die Alternativen zu dem, was sich in Afghanistan entwickeln kann, noch schlechter sind", sagte er im Deutschlandfunk. Der grüne Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei stellte ebenfalls klar, dass die PRT-Teams für den Wiederaufbau in Afghanistan notwendig sind. "Sie bilden einen zurück haltenden Stabilitäts- und Ordnungsfaktor und bauen Verbindungen zu den Verwaltungen und zur Polizei auf", sagte Nachtwei unserer Zeitung. Erst am Montag sei mit ihrer Hilfe in Kundus eine Schule eröffnet worden. Nachtwei räumte aber auch ein, dass die Aufbauteams "in bewaffneten Auseinandersetzungen nicht durchsetzungsfähig" sind.

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