Späte Genugtuung

Er hat es allen gezeigt: Henry Maske hat gegen Virgil Hill gewonnen - einen Kampf, den er seinen Kritikern zufolge eigentlich nur verlieren konnte. Dabei hatte er vielmehr zu verlieren: seinen Ruf und seine Sportler-Ehre.

Der Gentleman hat sie alle Lügen gestraft. Was ist er vorher belächelt worden. Gegen einen Gegner in den Ring zu steigen, der in den vergangenen zehn Jahren weitergeboxt hat. Und - was noch schwerer wiegt - ausgerechnet den Mann herauszufordern, der ihm im letzten Kampf die einzige Niederlage seiner Profi-Karriere eingebracht hat. Maske musste sich anhören, dass er dem Druck nicht standhalten könne. Nicht vor den 12 500 Zuschauern in der Halle, nicht vor den 16 Millionen vor den Bildschirmen. Er hat ihm standgehalten. Auch, als Virgil Hill zunächst den besseren Start erwischte. Für die Zuschauer war das sicher kein schöner Kampf. Denn Maske machte das, was er schon immer getan hat: Er lauerte, er beobachtete, er taktierte. Einen K.o.-Sieg konnte aber niemand ernsthaft erwarten, der Maskes Art zu boxen noch von früher kennt. Maske hat gewusst, was auf ihn zukommt, wenn er verliert. Er hat gesehen, wie Axel Schulz bei seiner Rückkehr in den Ring zur Lachnummer der Nation wurde. Henry Maske hat viel mehr gewonnen als nur diesen Kampf: Respekt, Aufmerksamkeit und die späte Genugtuung, den Ring nicht als Verlierer verlassen zu müssen. Wenn er es nicht schon vorher war - jetzt ist er es ganz gewiss: eine Legende. r.schaal@volksfreund.de

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