Sparsinn und Sparzwang

Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründ' ich einen Arbeitskreis. Das hätten die Damen und Herren von der Gesellschaft für deutsche Sprache besser auch mal gemacht. Denn "Bundeskanzlerin", das Wort des Jahres 2005, ist wahrscheinlich kein Begriff, an den sich die Nation in ein paar Wochen oder gar Monaten besonders gut erinnern wird.

Wär's nach mir gegangen, gäbe es das Wort "Bundeskanzlerin" gar nicht, denn von Emanzipation in der Sprache halte ich nichts. Weil meiner Meinung nach emanzipierte Frauen eh' nichts anderes möchten, als in der Gesellschaft ihren Mann zu stehen. Aber was soll's, schon im vergangenen Jahr war's nicht besser um die Weitsicht der deutschen Wort-des-Jahres-Finder bestellt. Denn heutzutage denkt man bei "Hartz IV" eher an einen rot-belichteten Fehltritt mit vier Damen als an eine Reform der rot-grünen Regierung. Da haben es die Schweizer in diesem Jahr schon besser gemacht. "Aldisierung" ist doch mal ein Neologismus, der Kreativität zeigt und Spaß macht. Geiz ist schließlich geil. Wenn das Bonmot der Schweizer nicht mit der Angst vor Lohn-Dumping und dem drohenden Verlust des Schweizer Qualitätsbewusstseins zusammenhängen würde, könnte man glatt an ein Kompliment der Wilhelm-Tell-Nachfahren an uns Bürger des Aldi-Ursprung-Lands glauben. Denn auch der Satz des Jahres aus dem Käse-Staat hat mit uns zu tun. Aber "Deutschland, wir kommen!" - der Spruch zur WM-Teilnahme der "Schweieyzer Kicker" 2006 - hört sich eher nach Kampfansage als nach der Ankündigung eines Freundschaftsbesuchs an. Doch was soll's: Uns Deutschen bleibt der Trost , dass die Ösis mit dem "Schweige-Kanzler" in diesem Jahr bei der Wort-Findung auch nicht kreativer waren als wir. Obwohl sich viele Menschen vielleicht wünschten, dass unser ehemaliger Kanzler wie sein Ex-Kollege Wolfgang Schüssel öfter mal einen Sinn für das verbale Sparen gehabt hätte. p.willems@volksfreund.de

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