Spenden-Affront

US-Präsident George W. Bush hat angesichts der verheerenden Flutkatastrophe in Asien in die Staatskasse gegriffen und insgesamt 15 Millionen US-Dollar als Soforthilfe zur Verfügung gestellt. Die amerikanischen Botschafter in Indien und Indonesien durften deshalb beispielsweise den Regierungen ihres Gastlandes die Nachricht überbringen, man habe jeweils 100 000 (in Worten: einhunderttausend) Dollar pro Land zugeteilt.

Der Rest werde dann über das Rote Kreuz in den betroffenen Regionen verteilt. Diese Beträge mögen einem einzelnen Werktätigen, der jedes Wochenende auf einen Sechser im Lotto hofft, als hoch erscheinen. Und dennoch muss man sich ernsthaft fragen, ob den US-Diplomaten bei der Verkündung der Spende nicht die Schamesröte ins Gesicht gestiegen ist. Selbst in den USA, der Wirtschaftsmacht Nummer eins, diskutiert man mittlerweile den damit verbundenen Affront. Denn Zahlen lügen nicht: Allein die erneuten und pompösen Feierlichkeiten zum Beginn der zweiten Amtszeit Bushs werden im Januar den Steuerzahler an einem Tag rund 40 Millionen Dollar kosten. Eine ausdauernde landesweite Werbekampagne der US-Republikaner gegen die Homo-Ehe schlug in diesem Jahr mit fast einer Milliarde Dollar zu Buche. Und die Gesamtkosten für die Militäraktion im Irak und die vergebliche Suche nach Massen-Vernichtungswaffen? Die Schätzungen für diesen Haushaltsposten bewegen sich derzeit zwischen 150 und 220 Milliarden US-Dollar. Und nun 15 Millionen für eine "internationale Tragödie” (Colin Powell)? Bei seinen politischen Versuchen, Sympathien der Weltgemeinschaft zurück zu gewinnen, hat George W. Bush eine große Chance bisher nicht genutzt. nachrichten.red@volksfreund.de

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