Staatsanwalt: Gewaltverbrecher darf nicht freikommen

Trier/Speicher · Freilassung oder auf unbestimmte Zeit weiter hinter Gittern - darum geht es ab heute vor dem Trierer Landgericht für einen 34-jährigen Häftling. Der Mann hat vor 13 Jahren im Eifelort Speicher eine Prostituierte erwürgt. "Er ist immer noch gefährlich", glaubt die Staatsanwaltschaft.

Staatsanwalt: Gewaltverbrecher darf nicht freikommen
Foto: Friedemann Vetter

Wer seine Strafe abgesessen hat, wird für gewöhnlich auf freien Fuß gesetzt. Doch es gibt Ausnahmen. Kommt ein Gericht zu der Überzeugung, dass von einem zu mehr als fünf Jahren Haft Verurteilten weiterhin eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht, kann die Gefängnisstrafe auf unbestimmte Zeit verlängert werden. Eine solche Sicherungsverwahrung kann ein Gericht auch nach einer Verurteilung noch anordnen. Voraussetzung: Es müssen "neue Tatsachen" vorliegen, die dies rechtfertigen.

Was damit gemeint sein kann, macht der Fall eines 34-jährigen Häftlings deutlich, der ab heute vor dem Trierer Landgericht verhandelt wird. Der zuletzt im Altkreis Bitburg lebende Mann hat vor 13 Jahren im Eifelort Speicher eine 42-jährige Prostituierte erwürgt, die er kurz zuvor in einer Gaststätte kennengelernt hatte. Der damals 22 Jahre alte arbeitslose Schlosser war schnell gefasst; er alarmierte selbst die Polizei und gestand die Tat.

Ein halbes Jahr später verurteilte ihn das Trierer Landgericht wegen Totschlags zu zwölf Jahren Gefängnis.

Nach Angaben seines Verteidigers, des Bitburger Rechtsanwalts Edgar Haubrich, hätte sein Mandant schon im Herbst vergangenen Jahres entlassen werden müssen. Nur aufgrund eines sogenannten Unterbringungsbefehls sei er noch nicht auf freiem Fuß.

Das Erste Trierer Schwurgericht könnte jetzt dafür sorgen, dass sich daran auch so schnell nichts ändert. Denn die Staatsanwaltschaft will, dass gegen den heute 34-Jährigen die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet wird und der Eifeler somit weiter hinter Gittern bleibt.
Verdächtige Briefe und Kritzeleien in der Zelle

Begründung: Der zeitweise in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt untergebrachte Mann soll wiederholt Pfleger und Patienten attackiert haben.

Zudem soll er Stimmen gehört haben, die ihm befohlen hätten, jemanden zu töten oder etwas zerstören zu müssen. In Briefen oder Kritzeleien in seiner Zelle habe der Häftling auch "massive Sexual-, Tötungs- und Gewaltfantasien zum Ausdruck gebracht", begründet die Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf Sicherungsverwahrung.

Ob das Trierer Landgericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgibt, entscheidet sich vermutlich am dritten Verhandlungstag in zwei Wochen. Zuvor werden Zeugen und auch Gutachter gehört.

In Deutschland hatten zuletzt mehrere aktuelle Fälle für eine öffentliche Diskussion über die sogenannte Sicherungsverwahrung geführt. Nach einem zwei Monate alten Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs, wonach die deutsche Praxis der rückwirkenden Sicherungsverwahrung gegen die Menschenrechtskonvention verstößt, will die Bundesregierung die gesetzlichen Vorgaben zwar nachbessern. Grundsätzlich aber sei die Regelung unverzichtbar, sagte CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach.

Die Sicherungsverwahrung ist unbefristet. Nach dem Strafgesetzbuch muss ein Gericht aber spätestens alle zwei Jahre prüfen, ob sie fortbestehen soll. Dazu wird ein psychiatrisches Gutachten eingeholt.

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