Statt auf den Schrottplatz für viel Geld ins Ausland

Damit sich der Verkauf schrottreifer Autos lohnt, haben Gebrauchtwagenhändler gemeinsam mit KFZ-Sachverständigen und Mittelsmännern Prüfberichte gefälscht. Ein aufmerksamer Beamter der KFZ-Zulassungsstelle in Daun (Vulkaneifelkreis) hat den Schwindel bemerkt.

 Umschlagplatz für gefälschte Autopapiere: der Behelfsparkplatz unter dem Dauner Viadukt. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Umschlagplatz für gefälschte Autopapiere: der Behelfsparkplatz unter dem Dauner Viadukt. TV-Foto: Gabi Vogelsberg

Trier/Daun. "Mitte April 2007 kam die Verdachtsanzeige der Kreisverwaltung Daun. Der Mitarbeiter der KFZ-Zulassungsstelle lag 100-prozentig richtig", resümiert Heinz-Peter Thiel, Chef der Polizeiinspektion (PI) Daun, nach zweieinhalb Jahren intensiver Ermittlungsarbeit. Mit gefälschten Prüfberichten sollten "erheblich verkehrsunsichere" Fahrzeuge ins Ausland verkauft werden. Trotz defekter Bremsen und durchgerosteter Rahmen wurden die Autos mit Prüfsiegeln als technisch einwandfrei abgestempelt. Thiel: "Beteiligt waren örtliche und überregionale Gebrauchtwagenhändler sowie Privatleute (siehe Extra)."

Polizei durchsucht insgesamt 42 Betriebe



Oberstaatsanwalt Ingo Hromada ergänzt nach einem Blick in die Ermittlungsakten: "Die Händler wussten sehr genau, dass sie auf legalem Weg für ihre Trümmerhaufen keine Stempel bekommen hätten." Als sich die Verdachtsanzeige bestätigte, ging den Ermittlern zuerst ein 25-jähriger KFZ-Mechaniker aus dem Vulkaneifelkreis ins Netz. Sein Geständnis löste "einen Rattenschwanz an Verfahren" (O-Ton Hromada) aus. Daun galt zunächst als Fälscher-Zentrale. PI-Chef Thiel: "Meist diente der Behelfsparkplatz unterm Viadukt als Umschlagplatz für die Papiere." Peu à peu wurde der Ermittlungsradius weiter ausgedehnt. Innerhalb von gut zwei Jahren durchsuchten die Polizisten 42 Betriebe im Vulkaneifelkreis, in Ulmen, Wittlich, Simmern, Euskirchen, Speyer, Ludwigshafen und Wiesbaden. Bei den landesweiten Ermittlungen gerieten neben Gebrauchtwagenhändlern auch Prüfingenieure in den Fokus. Von der Prüforganisation Dekra agierte ein Ingenieur unter dem Decknamen "Gabriel". Norbert Kühnl, Sprecher der Dekra-Zentrale in Stuttgart, dazu: "Wir nehmen die Sache sehr ernst. Einer unserer 4500 Prüfingenieure scheint betroffen zu sein, aber zum laufenden Verfahren sagen wir nichts." Neben der Dekra ist auch die Prüf-Organisation Küs involviert. Küs-Sprecher Hans-Georg Marmit: "Allerdings betrifft es keinen unserer 1000 Ingenieure. Ein Büro-Auszubildender eines Eifeler Küs-Büros hat seinen Chef bestohlen." Der Lehrling, ein Bruder des 25-jährigen KFZ-Mechanikers, der am Donnerstag vor dem Wittlicher Amtsgericht steht, soll bis zu 90 Küs-Formulare entwendet, einen Stempel gefälscht sowie die EDV-Anlage manipuliert haben.

Gültiger Stempel bringt 1000 Euro mehr



Laut Küs-Sprecher Kühnl ist ein Auto mit gültigem Stempel "glatte 1000 Euro mehr wert". Der Reingewinn der noch anzuklagenden Autohändler und Mittelsmänner wurde noch nicht beziffert. Das Betrüger-Brüder-Paar aus dem Vulkaneifelkreis hat angeblich pro gefälschtem Prüfbericht "ein Handgeld zwischen 50 und 150 Euro" kassiert. Der 25-Jährige soll allerdings nicht nur Papiere und rote Autokennzeichen gefälscht, sondern auch Autos im Auftrag eines Händlers aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich gestohlen haben. Ihm droht wegen seiner Geständigkeit "nur" eine Gefängnisstrafe zwischen zweieinhalb und vier Jahren. Extra Export von Fahrzeugen: Um ein Auto in ein anderes Land verkaufen zu können, braucht der Verkäufer eine sogenannte "Exportzulassung". Laut Heinz-Peter Thiel, Erster Kriminalhauptkommissar in Daun, kann der Verkäufer diese Erlaubnis bei jeder KFZ-Zulassungsstelle in Deutschland beantragen - unabhängig vom Wohnort oder Firmensitz. Um ein Fahrzeug exportieren zu können, muss der ordnungsgemäße technische Zustand dokumentiert sein. Dafür müssen der Prüfbericht der technischen Hauptuntersuchung und des Abgastestes vorliegen. Gleiches gilt für die Herausgabe von sogenannten Ausfuhr-Kennzeichen. (vog)

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