Staubige Akten statt schneller Onlinedienste bei Ämtern in der Region

Trier/Bitburg/Wittlich · Die digitale Revolution mag weit fortgeschritten sein, um viele Amtsstuben hat sie bisher einen Bogen gemacht. Es gibt aber auch Positivbeispiele - wie in der Region Trier.

Autos können längst allein einparken, Fernseher sich mit dem Internet verbinden und Kühlschränke einkaufen. In so mancher Verwaltung jedoch scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Akten sind noch immer aus Papier und wenn sie gerade in einer anderen Abteilung liegen, dann kann man eben nicht hineinschauen. Auch sind Bürger in den meisten Fällen weiterhin gezwungen, sich an die Öffnungszeiten des Rathauses zu halten, statt nach der Arbeit schnell online einen Antrag zu stellen oder das Auto abzumelden. Das von Politikern viel beschworene E-Government steckt in Rheinland-Pfalz noch in den Kinderschuhen.

Das zeigt auch eine aktuelle Studie der TU Kaiserslautern, im Rahmen derer Nico Heinz, der auch Büroleiter der Verbandsgemeinde (VG) Sprendlingen-Gensingen in Rheinhessen ist, 68 rheinland-pfälzische VG-Verwaltungen befragt hat. Zwar sind diese davon überzeugt, dass E-Government in Zukunft für sie sehr relevant sein wird. Doch sehen sich die meisten aktuell eher schlecht aufgestellt.

Eine eigene Homepage haben zwar alle befragten Kommunen. Was sich dort allerdings erfahren und erledigen lässt, ist von Gemeinde zu Gemeinde höchst unterschiedlich. So bietet die Homepage der VG Kell am See zwar alle erdenklichen Infos über das Rathaus, die Gemeinden, die Wasserwerke oder nahende Veranstaltungen. Ein Rats-Informationssystem - wie es bei Kreisverwaltungen der Region schon seit Jahren existiert - sucht man dort allerdings vergeblich.

Bürger können sich in solchen Systemen, da, wo es sie gibt und wo sie gut gepflegt werden, nicht nur über die nächsten Ratssitzungen und deren Inhalte informieren, sondern auch Beschlüsse oder gar ganze Sitzungsprotokolle nachlesen.
"So ein System macht sich nicht von allein. Das ist mit einer Menge Arbeit verbunden", sagt Büroleiter Norbert Willems. Und da die kleine Verbandsgemeinde Kell am See derzeit Fusionsverhandlungen mit Saarburg führt, wird vorerst nicht groß in neue Technik investiert.

Beschwerden hat es deswegen laut Willems aber noch keine gegeben. Zumal die ländliche Hochwaldgemeinde noch ein ganz anderes Problem hat: Das Internet ist stellenweise so langsam, dass es nicht einmal sinnvoll ist, Dokumente per E-Mail an die Ratsmitglieder zu versenden. Es würde in der großen Politik zwar viel über Digitalisierung gesprochen. Unterm Strich sei aber nicht viel passiert. Kleine Dörfer seien weiter abgehängt, sagt Willems. "Zum Glück kümmert sich der Landkreis darum."

Ein ganz anderes Bild ergibt sich beim Blick in die deutlich größere Verbandsgemeinde Südeifel. Dort finden Bürger ein übersichtlich mit Vorlagen, Dokumenten, Beschlüssen und Protokollen gefüttertes Ratsinformationssystem. Bebauungspläne und Grundstücke sind digital einzusehen, Steuerbescheide können elektronisch verschickt werden, und öffentliche Aufträge werden ab einer gewissen Größenordnung über die Plattform "subreport" online ausgeschrieben. Auch kann man diverse Anträge über das Portal rlp Direkt online stellen.

Die Verbandsgemeinde Trier-Land bietet einen ähnlichen Service, hat sogar sämtliche Sitzungsprotokolle seit 1994 digitalisiert und online zur Verfügung gestellt. Beide Verwaltungen sind derzeit dabei, ein Dokumentenmanagementsystem einzuführen, das die digitale Archivierung von Unterlagen ermöglicht.
Das Land hat 2015 beschlossen, dass sämtliche oberen Landesbehörden bis 2020 mit elektronischen Akten arbeiten müssen. Für Gemeinden ist dies allerdings nicht verpflichtend, was nach Einschätzung von Heinz daran liegen dürfte, dass die Umstellung auch in den Gemeinden mit Kosten verbunden ist, für die das Land nicht aufkommen möchte. Im Laufe des Jahres 2017 will die Landesregierung laut Koalitionsvertrag zusammen mit den Gemeinden ein neues E-Government-Gesetz erarbeiten und verabschieden.

Nach Auskunft des Innenministeriums wird derzeit ein erster Entwurf vorbereitet. Was darin steht, gibt das Ministerium noch nicht preis, da die Minister erst darüber beraten und beteiligte Stellen gehört werden müssten. Fest steht nur: Das Gesetz soll die Digitalisierung der Verwaltung fördern.
Heinz' Studie zufolge tut dies not. Nur die Hälfte der befragten Kommunen hat ein Rats-Infosystem, nur ein Viertel arbeitet in den Gremien ohne Papier, nicht einmal neun Prozent vergeben online Termine, keine fünf Prozent ermöglichen es, per Mausklick Sporthallen oder Gemeindehäuser zu buchen, nur 22 Prozent verarbeiten Dokumente digital, keine neun Prozent ermöglichen es Bürgern, über ein Ticketsystem Beschwerden oder Wünsche vorzubringen.

Erstaunlich weit verbreitet ist hingegen die Möglichkeit, online einen Briefwahlantrag zu stellen: Mehr als 90 Prozent der Verbandsgemeinden bieten dies an, was laut Heinz daran liegt, dass das Land ihnen mit dem Portal rlp Direkt die nötige Infrastruktur zur Verfügung stellt. Der Verwaltungsfachmann rät Gemeinden, solche Portale in Anspruch zu nehmen oder bei der Digitalisierung mit anderen Kommunen zusammenzuarbeiten.
Die meisten befragten Gemeinden gehen davon aus, dass es für die Bürger einen großen Nutzen hätte, wenn Verwaltungen digitaler würden. Bis es überall so weit ist, dürften allerdings noch Jahre vergehen.

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