Steigen die USA aus dem Pariser Klimaabkommen aus?

New York/Washington · Präsident Trump bestätigt Gerüchte um einen baldigen amerikanischen Ausstieg aus dem Klimaabkommen nicht - und kündigt eine Entscheidung an.

Es begann am Mittwochmorgen mit einer Eilmeldung von Axios, einer aufstrebenden Online-Plattform, an deren Seriosität kaum jemand in Washington oder New York zweifelt. Donald Trump, war zu lesen, habe beschlossen, sich aus dem Pariser Klimavertrag zurückzuziehen. Die Entscheidung sei gefallen, das wisse man von zwei unmittelbar Beteiligten. An den Details des Ausstiegs arbeite ein kleines Team, zu dem auch Scott Pruitt gehöre, der Direktor der Umweltbehörde EPA. Es gehe nur noch um die Frage, ob man eine Art offizielles Scheidungsverfahren einleite, was drei Jahre dauern könne, oder sofort die Reißleine ziehe. Ob die USA, das wäre die erste Variante, nur den Pariser Kontrakt kündigen oder gleich die Mitgliedschaft in der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, die ihm zugrunde liegt.

Trump selber wollte zunächst nichts bestätigen, via Twitter vermittelte er den Anschein, als ringe er noch immer mit sich, wie einst als König der Reality-Show "The Apprentice", der zwischen mehreren Kandidaten die Qual der Wahl hat. Er werde seinen Entschluss in den nächsten Tagen bekannt geben, schrieb er kurz nach neun, bevor er sich an den Schreibtisch im Oval Office setzte. Und dazu, in Großbuchstaben: "MAKE AMERICA GREAT AGAIN!"

Falls denn stimmt, was Axios berichtet, wäre es ein Sieg für die Hardliner im Weißen Haus. Es wäre ein nicht unbedingt zu erwartender Triumph für die Fraktion populistischer Nationalisten um Steve Bannon, auch wenn mancher zuletzt den Eindruck hatte, als schwinde der Einfluss des Predigers des "America First". Mit einem Verblieb im Pariser Klima-Club, hatte Trumps Ideologie-Stratege argumentiert, binde sich das Land nur die Hände, wenn es - wie bereits geschehen - energiepolitisch den Schalter umlege und strengere Auflagen für Kohlekraftwerke, verfügt unter Barack Obama, wieder kassiere. Zudem, so geht es weiter in dieser Logik, setze sich die Regierung Trumps dem Risiko kostspieliger Gerichtsverfahren aus, wenn sie de jure an dem Pariser Paragrafenwerk festhalte, de facto aber in eine andere Richtung marschiere. 22 konservative Senatoren hatten dies in einem offenen Brief besonders betont. Unter ihnen Mitch McConnell, der ranghöchste Republikaner im Senat, Vertreter Kentuckys, eines Kohlestaats.

Auf der Verliererseite stünden, falls sich die Axios-Nachricht nicht noch als Ente erweist, klimapolitisch eher moderate Köpfe wie der Außenminister Rex Tillerson oder Gary Cohn, der Chef des Wirtschaftsberater-Gremiums im Weißen Haus. Beide sollen, meist hinter, manchmal aber auch vor den Kulissen, gegen einen Ausstieg angeredet haben. Er rate schon deshalb davon ab, hatte Tillerson vor Monaten bei Anhörungen im Kongress gesagt, weil Amerika seinen Platz am Verhandlungstisch behalten müsse, wolle es nicht jeglichen Einfluss auf die internationale Klimaschutz-Agenda verlieren. Ivanka Trump, die Tochter des Staatschefs, die das Image der modernen, aufgeklärten New Yorkerin pflegt, sieht es ähnlich. Im Dezember, als ihr Vater in der Übergangsphase zwischen Wahlsieg und Amtsantritt an seinem Kabinett bastelte, ging sie sogar so weit, Al Gore ins Trump-Hochhaus in Manhattan zu lotsen, den ehemaligen Vizepräsidenten, der vor Jahren für einen aufrüttelnden Umweltfilm in Hollywood den Oscar bekam. Schließlich zählt auch Ivankas Mann Jared Kushner zu den Verlierern der internen Debatte, ein früherer Bauunternehmer, von dem es bisweilen hieß, er sei der einflussreichster Berater an der Pennsylvania Avenue Nr. 1600, eine Art Mädchen für alles.

Ob Trump tatsächlich hin- und herschwankte oder die Entscheidungsfindung nur so inszenierte, als falle sie ihm außerordentlich schwer, kann kein Außenstehender wissen. Noch vor wenigen Tagen waren es die Moderaten, die Hoffnung schöpften. Im Vatikan überreichte Papst Franziskus dem Gast aus Washington ein Exemplar seiner Umwelt-Enzyklika, worauf Trump anmerkte, er werde es unbedingt lesen. Daheim redeten ihm Unternehmenslenker wie Darren Woods ins Gewissen, kein Hightech-Industrieller aus dem Silicon Valley, sondern Chef des Ölgiganten Exxon Mobil, der Vorgänger Tillersons auf diesem Posten.

Andere schlossen sich Woods‘ Argumenten an, einige schalteten großformatige Annoncen in amerikanischen Zeitungen. Die Vereinigten Staaten, so der Tenor, seien weltweit der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasen. Sollten sie den Pariser Club verlassen, einem Club, in dem mit wenigen Ausnahmen die ganze Welt versammelt sei, bedeute dies, den Weg in die Sackgasse der Isolation einzuschlagen. Zudem könnte es Länder wie China und Indien veranlassen, ihre eigenen Verpflichtungen bald nicht mehr so ernst zu nehmen.

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