Steuer-Dickicht nervt Ämter und Bürger

TRIER. (wie) Freibeträge, Werbungskosten, Sonderausgaben - kaum einer blickt noch durch bei der Steuer-Erklärung. Das deutsche Steuerrecht ist zu kompliziert. Der Vorsitzende der Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, fordert im TV - Interview radikale Vereinfachungen bei den Steuer-Erklärungen.

An der jährlichen Steuer-Erklärung verzweifelt manch einer. Wann kann welcher Betrag geltend gemacht werden? Was kann abgesetzt werden? Welches Formular muss ausgefüllt werden? Bislang sind alle Reformen zur Vereinfachung gescheitert. "Den Politikern fehlt einfach der Mut", beschwert sich Dieter Ondracek, Chef der Steuergewerkschaft, im TV -Interview. Seiner Ansicht nach könnte die Hälfte der 28 Millionen Lohnsteuer-Erklärungen wegfallen, die restlichen 14 Millionen Arbeitnehmer könnten ein einfaches Formblatt ausfüllen. Es müsse mehr mit Pauschalen bei der Einkommensteuer-Erklärung gearbeitet werden, die direkt bei der Lohnabrechnung berücksichtigt werden. Auch Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen sollten laut Ondracek pauschalisiert werden. Die steuerlichen Ansprüche eines Großteils der Arbeitnehmer könnten dann bereits mit dem Nettogehalt ausgezahlt werden. Das frei werdende Personal in den Finanzämtern soll verstärkt für Steuerfahndung eingesetzt werden. Ondracek schätzt, dass rund 70 Milliarden Euro Steuern pro Jahr in Deutschland hinterzogen werden. Mit zusätzlichen Steuerfahndern könnte dieser Betrag deutlich reduziert werden. Bereits jetzt fehlten 10 000 Mitarbeiter in der Finanzverwaltung: "Aus Personalmangel müssen wir schon heute 60 Prozent der Steuer-Erklärungen ungeprüft übernehmen", so Ondracek. Der Steuerberater-Verband ist skeptisch: "Pauschalierungen führen im Einzelfall immer zu Ungerechtigkeit", sagt Verbandsprecher Michael Thomas. Der Bund der Steuerzahler begrüßt hingegen die Vorschläge. Die Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens sei längst überfällig. Vor allem die Steuer-Formulare müssten verständlicher werden. Auf Grund der Kompliziertheit der Vordrucke würden viele Steuerzahler, eine mögliche Rückzahlung erst gar nicht beantragen oder die Formulare nur unvollständig ausfüllen.KOMMENTAR SEITE 2GELD UND MARKT SEITE 6

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