Stimmungsmache unter Pseudonym

Eine vom Bauernverband DBV initiierte "Schnelle Eingreifgruppe", die im Internet Stimmung für die Landwirte machen soll, hat für reichlich Zoff gesorgt. Während einzelne Kritiker die Aktion sogar mit Stasi-Methoden vergleichen, sprechen DBV-Funktionäre von einem Missverständnis.

Trier. Was waren das noch für Zeiten, als es den Bauern finanziell gut ging und ihr Berufsstand hoch angesehen war?! Längst hat sich der Wind gedreht: Vielen Landwirten geht finanziell immer mehr die Puste aus.

Und dass sich inzwischen jeder Verbraucher im Internet anschauen kann, was der Bauer nebenan jährlich an Subventionen kassiert, ist auch nicht gerade Image fördernd.

Da muss gegengesteuert werden, mag sich der Deutsche Bauernverband gedacht haben, als er unlängst den Startschuss gab für eine sogenannte Internet-Task-Force.

Die Mitglieder der "schnellen Bauern-Eingreiftruppe" sollen das Netz durchpflügen, "Diskussionen und Meinungsbildung gegen den Bauernverband frühzeitig entdecken, aktiv eingreifen oder auch selbst Themen positiv besetzen", heißt es in einer unserer Zeitung vorliegenden internen E-Mail des Verbands.

Um bei der Stimmungsmache pro Landwirtschaft in den diversen Internet-Foren nicht gleich von anderen Nutzern enttarnt zu werden, bekommen die Mitglieder der Spezialeinheit - Landwirte und DBV-Funktionäre - gleich ein paar Tipps in Sachen "Tricksen und Täuschen" mitgeliefert: "Sie melden sich als Privatperson (private E-Mail-Adresse, meist mit Pseudonym) an", heißt es in der DBV-Info-Mail. Und weiter: "Wenn Sie dort auf fragliche, kritische Diskussionen stoßen, mischen Sie sich in die Diskussion aktiv ein und machen auf diese Weise indirekt positive Werbung für die Landwirtschaft."

"Natürlich kann sich der Bauernverband in Internet-Foren äußern", meint Heidi Klein von der Transparenz-Inititiative LobbyControl. "Manipulativ und hoch problematisch wird es allerdings, wenn nicht erkennbar ist, dass dahinter ein Verband steckt, der seine Mitglieder zu den Äußerungen animiert hat."

Dem Bauernverband gehe es offenbar darum, "Verbandsinteressen zu artikulieren, die als Bürgerinteressen verpackt werden".

"Unsinn", kontert DBV-Sprecher Michael Lohse, "verdeckte PR-Aktivitäten gehören nicht zum Instrumentarium unserer Öffentlichkeitsarbeit." Sollte dieser Eindruck entstanden sein, etwa "durch unsere Aufforderung, in Internetforen Fantasie-Namen zu verwenden", sei dies ein Missverständnis. Überdies ist es laut Lohse erklärtes Ziel des Bauernverbands, die Verbraucher verstärkt auch online über die Leistungen der Bauernfamilien zu informieren. Der Vorsitzende der DBV-Konkurrenz AbL (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft), Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, glaubt indes, den wahren Grund für die Aufstellung der Internet-Einsatzgruppe zu kennen. "Der Bauernverband hat die Hoheit über die Diskussion im Milchbereich an den Konkurrenzverband BDM (Bundesverband Deutscher Milchviehhalter) verloren." Weil dies dem DBV wehtue, so der langjährige Grünen-Europaabgeordnete, "zieht er nun alle Register".

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