Stoibers Drohung

Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber hat gesprochen. Aber er hat nicht viel gesagt. Was Stoiber heute im "Stern" zum Besten gibt, ist so neu wie die Zeitung von gestern. Ein paar (oft gehörte) Sätze zur Bundespräsidentschaft, die bekannte Laudatio über Wolfgang Schäuble, eine lange Antwort zur Theorie "schwarz-grün". Wer das Interview liest, ist so schlau wie zuvor. Gleichwohl haben Stoibers Aussagen natürlich eine politische Dimension. Einmal hat er sich endgültig auf Schäuble festgelegt und damit seine Parteifreundin Angela Merkel unter Druck gesetzt. Zum zweiten hat er den Liberalen bedeutet, gefälligst den Unionskandidaten zu wählen. Stoibers Drohung, bei Nichtparieren könne man ja auch mit den Grünen flirten, ist aber nicht sonderlich ernst zu nehmen. Im Bund sind Union und FDP in gleichem Maße aneinander gekettet wie SPD und Grüne. Der eine kann nicht ohne den anderen (regieren), denn eine absolute Mehrheit ist wenig realistisch. Das wahrscheinlichste Szenario für die Wahl des Staatsoberhaupts am 23. Mai lautet so: Die Union stellt Schäuble auf, die FDP akzeptiert, Rot-Grün setzt eine Frau dagegen. Das Schöne dabei: Es wird spannend, denn wohl nicht alle Liberale werden Schäuble wählen. Überrascht die FDP jedoch mit einem eigenen Kandidaten, wird es richtig interessant: Dann würde der Schwanz mit dem Hund wedeln. Und Stoiber müsste mit den Grünen kokettieren - die gar nichts von ihm wissen wollen. nachrichten.red@volksfreund.de

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