Stoibers Oktoberfest

Ein langweiliger Wahlkampf, der seinen kümmerlichen Rest an Spannung allein aus der Frage zog, wie hoch der Triumph für Bayernkönig Edmund Stoiber wohl ausfallen würde, hat das allseits erwartete Ergebnis gebracht: Ein rauschendes Oktoberfest für Stoiber und die CSU. Die Staatspartei, im Land der Lederhosen jenseits von Gut und Böse angesiedelt, hat abermals auf beeindruckende Weise demonstriert, dass in ihrem gewaltigen Schatten nichts wachsen kann, vor allem nichts Rotes. Insofern könnte das Volk am heutigen Montag zur Tagesordnung übergehen - wäre da nicht der lodernde Ehrgeiz eines Mannes, der mit seiner Kanzlerkandidatur 2002 bundespolitisches Blut geleckt hat. Es gilt zu erkunden, ob Stoiber den Treibsatz seines Rekordsieges nutzen will, um womöglich doch noch in der Hauptstadt zu landen. Angesichts des Problembergs in Deutschland erscheint es zwar müßig, sich mit den Karriereplänen eines Ministerpräsidenten zu beschäftigen. Doch ist diese Frage durchaus von Belang, da sie die Befindlichkeit und die Zukunftschancen der großen Oppositionsparteien CDU und CSU maßgeblich beeinflusst. Sollte Stoiber nämlich erneut Ansprüche stellen, droht der Union ein formidabler Machtkampf. Ein zweites Mal kann es sich die CDU-Vorsitzende Angela Merkel jedenfalls nicht leisten, dem älteren Herrn aus München den Vortritt zu lassen, will sie ihre Autorität nicht verlieren. Wie dem auch sei: Stoiber ist obenauf, die SPD mit ihrem bedauerlichen Zählkandidaten Franz Maget ganz unten. Weniger als 20 Prozent, das ist ein politischer Offenbarungseid. Ein ordentlicher Teil der Verantwortung dafür gebührt dem Kanzler mit seiner Holper-Regierung. Und FDP-Chef Guido Westerwelle, der umsonst auf ein weiß-blaues Wunder gehofft hat, wurde einmal mehr auf liberales Zwergenformat gestutzt. nachrichten.red@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort