Strafbare Liebe

TRIER. Weil er eine Richterin mit Liebes-E-Mails, Anrufen und Briefen bombardiert hat, muss sich seit gestern ein Landwirt aus der Eifel vor dem Trierer Amtsgericht verantworten. Nicht zum ersten Mal: Erst im Dezember war der 45-jährige "Stalker" wegen der Belästigungen zu einer fünfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.

"Es war Liebe auf den ersten Blick", sagt der Angeklagte, "für mich und für sie." Wenn dem so wäre, würde sich der Landwirt aus einem kleinen Dorf in der Eifel an diesem Morgen kaum auf der Anklagebank im Trierer Amtsgericht wiederfinden. Monatelang soll der 45-Jährige eine Richterin trotz deren energischen Widerstands mit Liebeserklärungen überhäuft haben. Und er hörte auch nicht auf, sagt Staatsanwalt Wolfgang Bohnen, als ihm ein Gericht per einstweiliger Verfügung jeglichen Kontakt zu der Frau untersagte."Ich möchte Sie fest in meinen Armen halten"

Bis zu fünf E-Mails täglich landeten im elektronischen Postfach der Richterin, die der Angeklagte Mitte vergangenen Jahres in einem Verwaltungsgerichtsverfahren das erste Mal gesehen hatte. Als die Juristin den Mann einige Tage später wegen einer Nachfrage noch einmal telefonisch kontaktierte, stand für den Landwirt fest, dass der dienstliche Grund des Anrufs nur vorgeschoben gewesen sein kann. In Wirklichkeit habe sich die Richterin in ihn verliebt, glaubt er. "Sie sind eine wunderschöne Frau", habe er ihr damals am Telefon gesagt, erinnert sich der seit Jahren geschiedene Landwirt. Von diesem Zeitpunkt an vergeht kaum ein Tag, an dem der Eifeler die Trierer Juristin nicht mit Mails überhäuft. Die elektronisch verschickten Zuschriften beginnen immer mit den gleichen Worten: "Müller (Name von der Redaktion geändert), liebe Frau Müller..." Und dann folgen Zusätze wie "..ich vermisse Sie", "...ich wünsche mir .... von Ihnen" oder "..ich möchte Sie fest in meinen Armen halten". Selbst als der Landwirt Mitte Dezember wegen der anhaltenden Verstöße gegen die gerichtlichen Auflagen zu einer fünfmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt wird, schreibt er weiter E-Mails. "Sollten Sie mir zu einem Zimmer in der Gottbillstraße verhelfen, bekommen Sie ein Foto meiner Rückseite", heißt es etwa in einer Zuschrift in Anspielung auf das Trierer Gefängnis. Insgesamt 59 neue Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz hat Staatsanwalt Wolfgang Bohnen zusammengetragen. In jedem einzelnen Fall, klärt er den Angeklagten auf, drohe eine Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr. Wenn demnächst das jüngst auch vom Bundesrat verabschiedete "Stalking"-Gesetz (siehe Stichwort) in Kraft tritt, drohen Tätern in solchen "einfachen" Fällen sogar bis zu drei Jahren Haft."War von Ihnen noch nie jemand verliebt?"

Der Landwirt gibt sich zunächst uneinsichtig: "Wenn Sie der Meinung sind, dass ich hinter Gitter gehöre, tun Sie das", sagt er dem Vorsitzenden Richter Hans-Jürgen Ferring. Und so ganz scheint der 45-Jährige auch nicht zu verstehen, warum er an diesem Freitag in Trier auf der Anklagebank sitzt. "War denn von Ihnen noch nie jemand richtig in eine Frau verliebt", will er von den Anwesenden wissen, "kann das niemand verstehen?" Seit ein paar Wochen lässt der Landwirt die Frau in Ruhe. "Das Gefühl hat nachgelassen, aber wir müssen abwarten", sagt er, als der Richter wissen will, ob das auch so bleibe. "Das ist keine ungewöhnliche Problematik", sagt der renommierte Mainzer Psychiatrie-Professor Johann Glatzel, "aber das Werben kann auch andere Gestalt annehmen." Weil der Angeklagte zustimmt, wird der Professor ihn demnächst begutachten. Erst danach wird der Prozess fortgesetzt. Wann das ist, steht noch nicht fest.

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