Superman in Gelb

Macht betört. Und Erfolg und Selbstbewusstsein machen sexy, sagt man. Tour-de-France-Seriensieger Lance Armstrong müsste demnach so eine Mischung aus George Clooney, Superman und George W. Bush sein: Der amerikanische Traum in hautenges Gelb gezwängt.

Lance Armstrong als Herzensbrecher? Davon träumt der 32-Jährige wohl nicht einmal. Sechs Mal die Tour de France zu gewinnen, das hat kein Merckx geschafft, kein Hinault, kein Indurain. Und Armstrong wird seinen Tour-Rekord wohl auch mit ins Grab nehmen. Der Texaner ist der überragende Radsportler des vergangenen Jahrzehnts. Ein Perfektionist, der in den 90ern erst den Krebs besiegt und anschließend keinen wichtigen sportlichen Kampf mehr verloren hat. Superman ist von der Leinwand gestiegen, trägt nun bevorzugt Gelb und hat seinen Arbeitsplatz in Alpen und Pyrenäen verlegt - zur Qual vieler Radsport-Fans. So ist das mit Helden: Jenseits der Übermacht strampelt Ohnmacht. Und beides ist langweilig. Schließlich hat Armstrong 2004 noch ein paar Gänge hochgeschaltet. Er war nicht nur gnadenlos überlegen (Jan Ullrich hätte auch ohne Erkältung keine Chance gehabt) - er war in jeder Hinsicht gnadenlos: egozentrisch, selbstherrlich und arrogant. Alles, was zu gewinnen war, hat er mitgenommen. Nur eben keine Freunde fürs Leben. Bleibt zu hoffen, dass Armstrong wirklich Superman ist und er - im Gegensatz zu Kollegen - für seine übermenschlichen Leistungen kein Doping braucht. Denn ein Skandal wäre für die Tour noch schlimmer als ewige Langeweile. a.feichtner@volksfreund.de

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