Gefährdetes Gut Zum Tag der Pressefreiheit: Wo Journalisten um Freiheit und Leben fürchten (Video)

Berlin · Die Reporter ohne Grenzen haben zum Tag der Pressefreiheit eine weltweite Rangliste veröffentlicht. Weit hinten stehen China oder die Türkei. Probleme gibt es aber auch in EU-Staaten.

Tag der Pressefreiheit: Wo Journalisten um Freiheit und Leben fürchten
Foto: Norbert Bisky

Um die Pressefreiheit steht es weltweit schlecht. Am finstersten sieht es nach der aktuellen Rangliste der Organisation Reporter ohne Grenzen in Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan aus, am besten in Norwegen, Finnland und Schweden. Deutschland liegt auf Platz 13 von 180 Ländern. Aber auch in Europa gibt es Entwicklungen, die Besorgnis erregen. Und die USA sind schon lange kein leuchtendes Vorbild für die freie Presse mehr. Der heutige Internationale Tag der Pressefreiheit erinnert daran, dass Journalisten in vielen Ländern in ihrer Berichterstattung eingeschränkt sind. Eine Auswahl:

Malta: Die Mittelmeerinsel ist seit dem Attentat auf Daphne Caruana Galizia zum Symbol für die Bedrohung der Pressefreiheit innerhalb der EU geworden. Im Oktober 2017 wurde die Journalistin in ihrem Auto in die Luft gesprengt – auch eineinhalb Jahre später ist der Mord noch nicht aufgeklärt. In der Rangliste der Pressefreiheit liegt Malta auf Platz 77 – 2017 stand das Land noch auf Platz 47. Caruana Galizias Blog war Pflichtlektüre für viele Malteser. Sie deckte Skandale auf, mit Recherchen über Korruption und Geldwäsche brachte sie auch maltesische Regierungsvertreter in Bedrängnis. Damit machte sie sich viele Feinde. Auf Malta geraten Journalisten und Medien nach Einschätzung von Reporter ohne Grenzen immer wieder unter Druck und werden teilweise zu hohen Schadenersatzzahlungen wegen Verleumdung verurteilt.

Slowakei: Der Mord am Investigativ­journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten am 21. Februar 2018 ist bis heute der größte Schock nicht nur für die slowakische Medienszene geblieben. Das Verbrechen hat die gesamte Politik und Gesellschaft des Landes erschüttert. Doch anders als in Malta zeigte sich in der Slowakei nach dem Mord, wie stark und aktiv die Medienszene ist. Die Presse nahm die Tat zum Anlass, noch energischer Verfilzungen von Politik und Geschäftemacherei zu enthüllen. Die Slowakei liegt in der Rangliste auf Platz 35.

USA: In den USA hat die Pressefreiheit noch immer einen hohen Stellenwert – auch wenn Präsident Donald Trump mit einem Teil der Journalisten nicht gerade wohlwollend umspringt. Journalisten haben Zugang zu den Regierungsbehörden und zum Präsidenten selbst, Trump gibt mehrmals wöchentlich persönlich Auskunft. Dennoch nehmen die Klagen zu. Dass Donald Trump Medien beschimpft und Journalisten, die nicht auf seiner Linie liegen, als „Feinde des Volkes“ bezeichnet, verfängt in Teilen der Bevölkerung. Vereinzelt hat es gewaltsame Übergriffe fanatischer Trump-Anhänger gegeben. Reporter ohne Grenzen sieht die USA nur noch auf Platz 48.

China: Es gibt nur wenige Länder, in denen es um die Pressefreiheit noch schlechter bestellt ist als in China. Die Medien sind dort staatlich kontrolliert. Bei vielen Themen darf nur die Version der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua verbreitet werden. Täglich gibt es Anweisungen, wie mit Ereignissen umgegangen werden muss. Dutzende Journalisten, Blogger oder „Bürgerjournalisten“ sind in Haft. Auch das Internet wird streng überwacht und zensiert. Auf der Rangliste steht China auf Platz 177. Nur Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan stehen noch weiter hinten.

Australien: Das Land gehört zu den klassischen Demokratien, in denen es um die Pressefreiheit eigentlich gut bestellt ist. In der neuen Rangliste liegt es auf Platz 21. Trotzdem drohen zwei Dutzend Journalisten gerade hohe Geldstrafen und sogar Gefängnis. Die Justiz wirft ihnen vor, während des großen Missbrauchsprozesses gegen Kardinal George Pell gegen eine gerichtlich angeordnete Nachrichtensperre verstoßen zu haben. Diese „Suppression Order“ galt trotz des weltweit enormen Interesses an dem Fall auch für ausländische Medien. Angeklagt sind jetzt aber nur Australier.

Mexiko: Mexiko ist das gefährlichste Land für Journalisten in Lateinamerika. Obwohl die Regierung ein Schutzprogramm für bedrohte Reporter ins Leben gerufen hat, wurden nach Angaben der Reporter ohne Grenzen im vergangenen Jahr mindestens zehn Medienschaffende getötet. Vor allem in den Provinzen arbeiten die mächtigen Drogenkartelle mit korrupten Beamten und Politikern zusammen, um unbequeme Journalisten aus dem Weg zu räumen. Die Verbrechen werden selten aufgeklärt. In der Rangliste liegt Mexiko auf Platz 144.

Kuba: Nirgendwo in Lateinamerika steht es laut Reporter ohne Grenzen so schlecht um die Pressefreiheit wie auf der sozialistischen Karibikinsel. Alle offiziellen Medien werden von der Kommunistischen Partei kontrolliert. Eine kritische Berichterstattung über die Regierung findet in den Staatsmedien nicht statt. Regierungskritische Journalisten veröffentlichen ihre Beiträge zumeist in Blogs im Internet. Zumindest haben jetzt immer mehr Kubaner Zugang zum Internet, nachdem die Regierung Internetanschlüsse für Privatleute erlaubt und den Aufbau eines mobilen Internets angestoßen hat. In der Rangliste der Pressefreiheit liegt Kuba auf Platz 169.

Türkei: Die Situation für Reporter in der Türkei ist seit Jahren schlecht. So sind seit vergangener Woche sechs ehemalige Mitarbeiter der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“ wieder im Gefängnis. Dazu zählt auch der Karikaturist Musa Kart. Kurz zuvor waren sie noch einmal vor die Presse getreten. „Das Verfahren gegen uns ist politisch“, sagte Kart. Vor einem Jahr waren zahlreiche ehemalige „Cumhuriyet“-Mitarbeiter wegen Unterstützung von Terrororganisationen zu mehrjährigen Haftstrafen in der Türkei verurteilt worden. Der Fall der Journalisten steht beispielhaft für den Zustand der Medien im Land. Journalisten kämpfen seit Jahren gegen Zensur und Einschüchterung. In der Rangliste der Pressefreiheit liegt die Türkei wie schon im Vorjahr auf Platz 157.

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