Terror-Gefahr: Wie sicher ist Deutschland?

BERLIN/MADRID. (dpa/wie/has) Nach den verheerenden Terroranschlägen in Madrid wird auch in Deutschland verstärkt über die Sicherheitslage debattiert. Während die Bundesregierung gegen schärfere Sicherheitsmaßnahmen ist, forderte die Union erneut den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Die Gewerkschaft der Polizei plädiert für bessere Möglichkeiten der Terrorbekämpfung.

Auch einen Tag nach dem Blutbad von Madrid mit fast 200 Toten gab es gestern keine Hinweise auf die Drahtzieher. Nach den Worten von Spaniens Ministerpräsident José María Aznar werde "in alle Richtungen" ermittelt. Die spanische Regierung, die zunächst kategorisch die baskische Untergrundorganisation Eta für die Bombenanschläge verantwortlich gemacht hatte, schließt inzwischen nicht mehr aus, dass doch islamische Terroristen die Täter sein könnten. Millionen Menschen in ganz Spanien hielten gestern Mittag im Gedenken an die Opfer 15 Minuten lang inne. Am Abend demonstrierten tausende gegen den Terrorismus. Unterdessen ist in Deutschland eine Sicherheitsdebatte entbrannt. Bundeskanzler Gerhard Schröder und Innenminister Otto Schily sehen keine Anzeichen für eine verschärfte Sicherheitslage in Deutschland - die Attentate hätten "nach derzeitigem Stand keine Konsequenzen für deutsche Bürger und deutsche Einrichtungen", betonte das Innenministerium. Von dieser Linie will die Bundesregierung allerdings dann abrücken, wenn die brutalen Bombenleger nicht zur Eta gehören, sondern zum islamischen Terrornetzwerk El Kaida. Die Terroristen hätten dann erstmals in West-Europa zugeschlagen. Die Union plädierte noch vehementer dafür, das Grundgesetz zu ändern, um die Bundeswehr stärker im Inneren einsetzen zu können. Bayern, Hessen, Sachsen und Thüringen brachten dazu gestern einen Gesetzentwurf in den Bundesrat ein. In ähnlichen Situationen wie in Madrid, begründeten die Länder, wäre die Polizei mit Sicherheits- und Ermittlungsaufgaben überlastet, so dass Soldaten solche Aufgaben übernehmen könnten. "Terroristen sind Kriminelle und keine militärischen Gegner", entgegnete der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GDP), Konrad Freiberg. Die Bundeswehr sei für Kriminalitätsbekämpfung nicht ausgebildet. Stattdessen forderte Freiberg einen besseren Schutz der Bahnhöfe. Madrid habe gezeigt, dass die Sicherheit der Zugreisenden nicht länger vernachlässigt werden dürfe. Der CSU-Innenexperte Norbert Geis verlangte, auf Bahnhöfen ähnliche Kontrollen wie auf Flughäfen einzuführen. Um alle Objekte zu schützen, reicht nach Ansicht der Gewerkschaften das Personal des Bundesgrenzschutzes jedoch nicht aus. Die GDP Rheinland-Pfalz warnte davor, die Terrorismusbekämpfung wie etwa durch Einschränkungen beim Lauschangriff zu erschweren.

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