Teurer ist nicht besser

BERLIN. Auf drei Milliarden Euro schätzt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt die Ausgaben für teure Medikamente – unnötige Kosten, die Patienten und Kassen tragen müssten.

Ulla Schmidt ist eigentlich nicht mehr gut auf die Krankenkassen zu sprechen. Statt ihre Beiträge zu senken, wie es die Sozialministerin immer wieder fordert, malen viele Assekuranzen das Gespenst eines weiteren Anstiegs an die Wand. Zuletzt sprach DAK-Vorstandschef Herbert Rebscher gar von einem Vier-Milliarden-Loch in der gesetzlichen Krankenversicherung. Dass sich Ulla Schmidt gestern trotzdem mit Kassenvertretern vor der Presse zeigte, hatte einen simplen Grund: Der jüngste Arzneimittelreport passt bestens zur Argumentationslinie der Ministerin. Gute Medikamentenversorgung geht auch preiswerter, lautet das Fazit der diesjährigen Untersuchung, die von der Gmünder Ersatzkasse (GEK) heraus gegeben wird. So verschreiben Ärzte immer noch viel zu teure und zweifelhafte Arzneien. Das ermittelte Sparpotenzial beträgt immerhin drei Milliarden Euro. Rein rechnerisch könnte der durchschnittliche Beitragssatz damit von 14,2 auf 13,9 Prozent sinken. "Es ist ein Irrglaube, dass ein Medikament um so besser wirkt, je mehr es kostet, und es ist ein Irrglaube, dass ein Arzneimittel schon dadurch besser ist, weil es neu auf dem Markt ist", kommentierte die Ministerin das Ergebnis. Ihre Forderung: Die Selbstverwaltung aus Kassen, Ärzten und Apothekern müsse die gesetzlichen Möglichkeiten zur Ausgabensenkung nutzen. Tatsächlich sieht die Gesundheitsreform vor, dass Krankenkassen für neue patent-geschützte Medikamente ohne therapeutischen Zusatznutzen lediglich einen Festbetrag zu bezahlen brauchen. Doch eine Einstufung der Pillen und Tinkturen in solche Festbetragsgruppen ist ein mühsames Unterfangen. Die Umsätze mit den so genannten Analog-Präparaten machen etwa 30 Prozent des Arzneimittelmarktes aus. An einem anderen Kostentreiber ist die Politik nicht unschuldig. Während die Arzneimittelausgaben bei der GEK im Vorjahr nur um 5,5 Prozent zurückgingen, reduzierten sich die verordneten Packungsmengen um satte 22 Prozent. Diese Entwicklung lässt auf einen Anstieg des durchschnittlichen Packungspreises schließen. Und dafür sind offenbar die gesetzlich vorgegebenen Zuzahlungen mitverantwortlich. Durch die Umstellung auf eine prozentuale Selbstbeteiligung wurden Großpackungen für den Patienten attraktiver. Ein Beispiel: Wenn eine Packung mit 50 Tabletten 80 Euro kostet, beträgt die Zuzahlung acht Euro. Für 100 dieser Tabletten müsste der Patient demnach 16 Euro berappen. Wer jedoch gleich eine 100er-Packung verordnet bekommt, die vielleicht 150 Euro kostet, zahlt nur den maximalen Höchstbetrag von zehn Euro zu. Je teurer die Packung, desto geringer der prozentuale Zuzahlungsbetrag - umso mehr müssen die Kassen in die Bresche springen. Kein Wunder also, dass sich die Assekuranzen mit Beitragssenkungen schwer tun, zumal ihre durchschnittlichen Aufwendungen für Salben und Pillen im ersten Quartal 2005 um fast 19 Prozent höher lagen als im Vorjahreszeitraum. "Das Ergebnis lässt sich zwar nicht aufs Jahr hochrechnen, aber ein Zuwachs von zehn Prozent im Arzneimittelbereich ist am Ende durchaus realistisch", heißt es beim Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK).

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