Thalys-Angriff war gezielter Terrorakt

Der Thalys-Attentäter hat seinen Angriff gezielt geplant. Das gab der Staatsanwalt von Paris bekannt, der nun wegen eines Terrorakts ermittelt.

Die Passagiere des Thalys von Amsterdam nach Paris sind am Freitagabend einem gezielten islamistischen Terroranschlag entgangen. "Ich habe beschlossen, Vorermittlungen wegen Mordversuchs im Zusammenhang mit einer einzelnen oder gemeinschaftlichen terroristischen Handlung aufzunehmen", sagte der Staatsanwalt von Paris, François Molins, am Dienstagabend. Der Angreifer Ayoub El Khazzani zeigte vor dem Angriff das typische Profil eines islamistischen Attentäters. El Khazzani habe sich kurz vor der Tat im Zug ein islamistisches Youtube-Video angesehen, in dem die Gläubigen zum bewaffneten Kampf aufgerufen werden. Das Handy, das er dazu nutzte, habe er erst am selben Tag erst aktiviert. Der mutmaßliche Attentäter war von mehreren Passagieren, darunter zwei US-Soldaten, überwältigt worden.

"Er hatte ein Projekt, das gezielt und geplant war", sagte Molins. Der 25-Jährige sei entschlossen gewesen, gegen die Passagiere das ganze Waffenarsenal einzusetzen, das er dabei hatte. In seinem Gepäck hatte er ein Schnellfeuergewehr ostdeutscher Herkunft, eine Schnellfeuerpistole, ein Teppichmesser, neun Magazine mit insgesamt 270 Schuss Munition und einen halben Liter Benzin. Die Behauptung des Marokkaners, er habe die Waffen in einem Park in Brüssel gefunden und damit Zugpassagiere ausrauben wollen, bezeichnete der für Terrorermittlungen zuständige Molins als "Fantasie".

Auch zweimal in Köln gewesen

Der Staatsanwalt gab die Aufenthaltsorte wieder, die El Khazzani in ersten Verhören zu Protokoll gab. Zweimal will der Marokkaner in Köln gewesen sein. Im vergangenen Jahr habe er zudem fünf bis sieben Monate im Großraum Paris gelebt, und zwar in der Problemvorstadt Aubervilliers. Dort habe er bei der britischen Mobilfunkfirma Lycamobile gearbeitet. Genaue Daten für die Aufenthaltsorte konnte Molins nicht nennen. Klar ist jedoch, dass El Khazzani am 10. Mai von Berlin nach Istanbul flog. Eine Reise von dort aus nach Syrien sei durchaus möglich, sagte der Staatsanwalt. Denn am 4. Juni bestieg der Marokkaner in Antakya, das an der türkisch-syrischen Grenze liegt, eine Maschine, die ihn über Istanbul ins albanische Tirana brachte.

Die Darstellung, El Khazzani habe zuletzt als Obdachloser in einem Park in Brüssel gelebt, widerlegte Molins ebenfalls. Die Durchsuchung des Hauses seiner Schwester in Brüssel habe ergeben, dass der mutmaßliche Attentäter sich vor kurzem bei ihr aufhielt. Am Tag des Attentats kaufte sich El Khazzani ein Ticket für die erste Klasse des Thalys 9364. Ein Angebot der Schalterbeamtin, einen früheren Zug zu nehmen, lehnte er ab. Den Preis von 149 Euro zahlte er in bar, wobei die Ermittler nun herausfinden müssen, woher das Geld kam.

Auch viele andere Fragen sind noch offen. So müssen die Ermittlungen klären, woher El Khazzani die Waffen bekam, ob er Verbündete hatte und wo er sich genau aufhielt. Von dem Marokkaner selbst, der sich in den vergangenen Tagen immer mehr in Widersprüche verstrickte, dürfte allerdings nichts zu erfahren sein: seit Montag schweigt der Verdächtige.

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