Tiefe Gräben drohen

Dämmert es da einem? Verdi-Chef Frank Bsirske hat seine Gewerkschaft mit Blick auf den Lokführer-Streik aufgefordert, sich mehr auf die unterschiedlichen Sorgen und Lebenslagen der einzelnen Berufsgruppen einzulassen.

Und er hat zu Recht vor einem Zusammenbruch des deutschen Tarifsystems gewarnt, wenn sich die Arbeitnehmer-Organisationen immer weiter aufspalten.

Welchen Wert die Einheits-Gewerkschaften für den sozialen Frieden haben, zeigt sich jetzt wieder einmal besonders deutlich. Einzelne Berufsgruppen, die an wichtigen Schalthebeln sitzen, können ganze Branchen, ja ein ganzes Land lahmlegen. Die Piloten und auch die Ärzte des Marburger Bundes haben es zuvor ebenfalls schon probiert. Solche Streiks reißen tiefe Gräben in die Belegschaften, schaffen Missgunst und oft sogar Hass. Aber: Das Prinzip der Einheits-Gewerkschaften kann nur funktionieren, wenn diese es auch schaffen, die Vielfalt der Interessen ihrer unterschiedlichen Mitglieder zu berücksichtigen.

Und daran hat es in der Vergangenheit durchaus gemangelt.

Da ging das Gesamtergebnis, die Zahl vor dem Komma, noch immer über Regelungen zugunsten bestimmter Bereiche, ging Masse über Klasse. Kleine Gruppen blieben allzu oft mit ihren Anliegen links liegen. Die Unzufriedenheit der Lokführer hatte sich lange angestaut, war den Elefanten der Branche, ob Transnet oder GDBA, aber nie besondere Aufmerksamkeit wert. An der festgefahrenen Lage in diesem Tarifstreit sind sie deshalb nicht unschuldig.

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