Tödliche Schlamperei

Sechs Monate nach dem tödlichen Dauner Kirmes-Unfall hat die Trierer Staatsanwaltschaft die damals verantwortlichen Schausteller angeklagt. Werden sie verurteilt, drohen mehrjährige Gefängnis- oder zumindest Bewährungsstrafen.

Es spricht für die gründliche Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft, dass nicht nur die direkt an der Bungee-Kugel eingesetzten Mitarbeiter auf der Anklagebank Platz nehmen müssen, sondern auch ihre Chefs. Sollten die "Sling-Shot"-Betreiber ihre Jungs tatsächlich nicht richtig eingewiesen haben, haben sie zweifellos eine Mitschuld am tragischen Tod des Dauner Mädchens. Ein Prozess macht die 14-jährige Schülerin zwar nicht wieder lebendig. Aber ihre Angehörigen und eine aufgeschreckte Öffentlichkeit haben ein Recht darauf, dass Schlamperei mit tödlichem Ausgang auch hart bestraft wird. Warum aber sitzen auf der Trierer Anklagebank demnächst nur die unmittelbar am Dauner Unglück Beteiligten? Was ist mit der Verantwortung des Herstellers, der ein solch lebensgefährliches "Fahrgeschäft" ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen konstruiert hat? Und was ist mit den Ingenieuren, die der mit Formel-1-Geschwindigkeit startenden Metallkugel unter diesen Voraussetzungen den Tüv-Stempel verpasst haben, während sich jeder Billig-Föhn bei Überhitzung automatisch abschalten muss? Hersteller und Kontrolleuren war offenbar gleichgültig, dass da ein lebensgefährliches Gerät auf den Jahrmärkten steht, das Menschen in den Himmel schießt, selbst wenn die Sicherheitsbügel nicht eingerastet sind. Dass ein solch Millionen teures Unsicherheits-Katapult überhaupt zum Einsatz kommen konnte, ist - neben der vermeintlichen Leichtsinnigkeit seiner Betreiber - der eigentliche Skandal. Nur wird dafür wahrscheinlich nie jemand zur Rechenschaft gezogen werden. r.seydewitz@volksfreund.de

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