Topp, Malu Dreyers Wette gilt

Mainz · Das Verfassungsgericht Rheinland-Pfalz hat im Februar 2012 der Landesregierung aufgetragen, für eine bessere Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen. Die rot-grünen Koalitionspartner sind fest davon überzeugt, dass dies mit der Reform des Finanzausgleichs gelungen ist - Bürgermeister und Landräte vom Gegenteil.

Mainz. Beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft auf. Schulden haben fast alle, Bund, Länder, Kreise, Städte und Gemeinden. Da kam es Bürgermeistern und Landräten im Land vor zwei Jahren wie ein Geschenk des Himmels vor, dass der Landkreis Neuwied ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs erstritten hatte. Tenor: Das Land muss den Kommunen mehr Geld geben. Doch jetzt machen die kommunalen "Fürsten" lange Gesichter. Ihrer Ansicht nach ist die Reform des kommunalen Finanzausgleichs (KFA) gründlich misslungen.

Das Hauptziel der Reform besteht laut Finanzminister Carsten Kühl (SPD) darin, "die strukturelle Verschuldung der Kommunen erkennbar zu beseitigen". Er und sein Kollege, Innenminister Roger Lewentz, verweisen darauf, die Finanzausgleichsmasse wachse in den nächsten drei Jahren um eine halbe Milliarde Euro auf dann 2,5 Milliarden Euro. Damit werde es den Kommunen erstmals seit über 20 Jahren ermöglicht, einen positiven Finanzierungssaldo zu erwirtschaften.

Das heißt konkret: Wenn Kreise, Städte und Gemeinden ihre Jahreshaushalte aufstellen, decken sich am Ende nicht nur Einnahmen und Ausgaben, sondern unterm Strich steht ein Plus. Finanzminister Kühl nennt sogar eine Summe: "Ab 2016 erwarten wir einen Überschuss aller Kommunen von rund einer halben Milliarde Euro."
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat vergangene Woche beim Neujahrsempfang in der Staatskanzlei sogar eine Wette angeboten, dass die Kommunen am Ende zufrieden sein werden. Sie habe jedoch den Wetteinsatz vergessen, stichelt der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz. Jemand habe gewitzelt, da spiele man besser Lotto.

Eine Bestandsaufnahme des Volksfreunds zeigt: Die Kommunen in der Region haben kalkuliert - und sind ernüchtert. Selbst die Stadt Trier, die mit 10,7 Millionen Euro Mehreinnahmen rechnet - endgültig festgelegt werden die Zuweisungen des Landes erst im Juli - wird keinen ausgeglichenen Haushalt erreichen, sagt Oberbürgermeister Klaus Jensen. Er freut sich dennoch über die Hilfe, mit der "noch vor wenigen Jahren nicht zu rechnen gewesen" sei. Alle anderen Verantwortungsträger sind mehr oder weniger verärgert. Die Lage für die Städte Bitburg und Wittlich verschlechtert sich, was die Bürgermeister Joachim Kandels und Joachim Rodenkirch an der Finanzreform zweifeln lässt. Kandels macht sich keine Illusionen: Man müsse weiter "stetig an Haushaltsverbesserungen arbeiten" und "beabsichtigte Ausgaben auf den Prüfstand stellen".

Die vier Landkreise der Region sind ebenfalls zerknirscht. Bernkastel-Wittlich meldet, die Mehreinnahmen von 3,1 Millionen Euro seien "bei weitem noch nicht ausreichend, um die Unterfinanzierung zu kompensieren". Im Vulkaneifelkreis zeigt Landrat Heinz-Peter Thiel auf, das Defizit von 4,6 Millionen Euro aus 2013 werde sich in diesem Jahr nur um rund 150 000 Euro verringern.

Der Eifelkreis Bitburg-Prüm macht ebenso wie die anderen geltend, dass ein hoher Betrag, hier 1,4 Millionen Euro, an Zuweisungen für die Schülerbeförderung wegfällt. Obwohl die Reform dem Kreis im Ergebnis 380 000 Euro mehr einbringt, sagt Bürgermeister Joachim Streit: "Die Neuordnung ist ein kleiner Anfang, aber zur Abdeckung der stetig steigenden Kosten im Jugend- und Sozialbereich bei weitem nicht ausreichend."
Der Kreis Trier-Saarburg schlägt in die gleiche Kerbe. Das seit dem Haushaltsjahr 2004 vorhandene Defizit werde sich "trotz oder gerade auch wegen des neuen Finanzausgleichs weiter verschärfen". Die kreisfreien Städte würden massiv begünstigt, stellt Landrat Günther Schartz fest. Vor allem die Quoten der Stadt Mainz seien "so exorbitant hoch, dass sie dringend hinterfragt werden müssen".

CDU-Finanzexperte Schartz kritisiert, "dass keine seriöse Prüfung der Ausgabensituation der Kommunen stattgefunden hat". Schartz appelliert an das Land, "die Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände und der Enquete-Kommission des Landtags aufzugreifen und ernsthaft gemeinsam an einer dauerhaften Regelung zu arbeiten".Extra

 Sie wettet, dass mit der Reform des kommunalen Finanzausgleichs in Rheinland-Pfalz am Ende die Kommunen zufrieden sein werden: Ministerpräsidentin Malu Dreyer. TV-Foto: Friedemann Vetter

Sie wettet, dass mit der Reform des kommunalen Finanzausgleichs in Rheinland-Pfalz am Ende die Kommunen zufrieden sein werden: Ministerpräsidentin Malu Dreyer. TV-Foto: Friedemann Vetter

Wie wirkt sich der neue kommunale Finanzausgleich im Detail aus? Hier exemplarisch die Kalkulation des Eifelkreises Bitburg-Prüm für das Jahr 2014: Schlüsselzuweisung B1: 362 000 Euro. Ausgleich Verkehrsordnungswidrigkeiten: 171 000 Euro. Schlüsselzuweisung C1: 715 000 Euro. Schlüsselzuweisung C2: 1,4 Millionen Euro. Demgegenüber fallen folgende Beträge weg: Zuweisungen Schülerbeförderung: minus 1,4 Millionen Euro. Zuständigkeitswechsel Ahndung Verkehrswidrigkeiten: minus 300 000 Euro. Wegfall Landesbeteiligung im Bereich Sozialhilfe: minus 530 000 Euro. Im Ergebnis verbleibt ein Plus von 380 000 Euro.fcg

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