Totale Transparenz - nein, danke!

Berlin · Das wäre aus Sicht der Opposition was : der Bundestag unter ständiger Beobachtung der Bürger, zugänglich für jedermann, weil auch die Fachausschüsse künftig öffentlich tagen. Doch die schwarz-rote Koalition hält davon nichts.


Berlin. Nach Informationen unserer Zeitung haben Union und SPD der Transparenz- und Charmeoffensive von Linken und Grünen jetzt endgültig eine Absage erteilt. Totale Transparenz führe nicht zu einem Maximum an Demokratie, begründet die Union das Nein.
Debattiert wurde das Thema schon vor gut zwei Jahren, auch eine Expertenanhörung gab es zu dem Plan der Opposition. Sie will die Ausschüsse nur noch öffentlich tagen lassen und in Ausnahmefällen nichtöffentlich. Bislang gilt das umgekehrte Prinzip: Wenn für die Sitzung eines Fachgremiums die Öffentlichkeit zugelassen werden soll, muss dies gesondert beschlossen werden.
Die Opposition glaubt, den Parlamentarismus durch die Umkehr des sogenannten "Regel-Ausnahme-Verhältnisses" attraktiver machen zu können. Das geht aus einem abschließenden Bericht des Geschäftsordnungsausschusses hervor, der unserer Zeitung vorliegt. Darin begründet die Linke Parlamentsgeschäftsführerin Petra Sitte die Haltung ihrer Fraktion damit, dass die Bürger sich dann "authentisch" über das Zustandekommen von Entscheidungen informieren könnten. Das stelle zugleich sicher, dass die Deutungshoheit für bestimmte Themen beim Parlament bleibe. Zudem gebe es dieses Verfahren bereits in einzelnen Landtagen sowie in anderen europäischen Ländern, so Sitte. Weder die Funktions- noch die Arbeitsfähigkeit des Bundestages werde beeinträchtigt, betont die Grüne Britta Hasselmann.

Kaster begründet Ablehnung


Argumente, die die Mehrheit aus Union und SPD aber nicht überzeugt haben. Im Ausschuss wurde das Ansinnen jetzt abgelehnt; eine entsprechende Beschlussempfehlung leitete das Gremium auch dem Bundestag zu. "Transparenz ist zum Kampfbegriff geworden", begründet der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, Bernhard Kaster (CDU), die Position seiner Fraktion. Die Abgeordneten benötigten jedoch "geschützte Denk- und Kommunikationsbereiche", was auch durch das Grundgesetz gedeckt sei.
"Unsere Aufgabe ist es, den Ausgleich der verschiedenen Interessen sicherzustellen", so Kaster auf Nachfrage. Dafür sei Nicht-Öffentlichkeit eine wichtige Voraussetzung. "Außerdem kann niemand dem Bundestag ein Transparenzdefizit nachsagen." Alle Debatten im Plenum, alle Anhörungen seien für Bürger weitestgehend zugänglich, alle Anträge und Ausschussberichte jederzeit öffentlich abrufbar. Noch mehr Öffentlichkeit - dar-aus wird also nichts.

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