Trauriges Menschenbild

Traurig, aber wahr: In unserem Land ist nicht einmal ein Thema wie die Fluthilfe in Südasien dagegen gefeit, für das Kochen eines erbärmliches parteipolitisches Süppchen herhalten zu müssen.Während die Bürger noch landauf, landab Herzen und Geldbeutel öffnen, eröffnet die Union schon mal die Schlacht der Erbsenzähler und Kleinkrämer. Selbstverständlich muss die Regierung für eine ordentliche haushaltstechnische Abwicklung der zugesagten Hilfe sorgen - sie kann rechtlich auch gar nicht anders. Aber wenn es brennt, heißt es doch zuerst einmal löschen - wer da über die Wasserrechnung diskutiert, so lange die Trümmer noch qualmen, offenbart ein trauriges Menschenbild.Vollends absurd wird die Debatte, wenn Politiker wie Edmund Stoiber ernsthaft die Frage aufwerfen, ob sich ein Land wie Deutschland 100 Millionen Euro jährliche Aufbauhilfe für die nächsten fünf Jahre leisten kann. 100 Millionen Euro, das ist nicht nur eine Größenordnung, die sich im Bundeshaushalt im untersten Promillebereich abspielt. Es ist, das muss man sich vor Augen halten, in etwa jene Summe, die die Deutschen an einem einzigen Jackpot-Mittwoch im Dezember für Lotto investierten. Oder an Silvester in die Luft geballert haben. Oder so viel, wie die Fußball-Bundesliga in einer guten Saison an Transfersummen ausgibt. Oder die Berliner pro Jahr für ihre Opernhäuser. Noch mehr Beispiele gefällig?Wer jetzt im Neid stochert, um aus durchsichtigen Motiven ein paar Ressentiments zu mobilisieren, disqualifiziert sich nicht nur selbst. Er verspielt auch die Chance, das bisschen Aufbruchstimmung und Zusammengehörigkeitsgefühl, das sich aus dem gemeinsamen Engagement der Deutschen für eine gute Sache ergibt, in den Alltag zu übertragen. Es wäre dringend nötig. d.lintz@volksfreund.de

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