Treffen vor dem großen Tag

BERLIN. Merz statt Kirchhof? Kirchhof und Merz? Darum kreist seit Tagen eine heftige Diskussion. Und so schwebten diese Namen denn auch über dem so genannten „Schluss-Spurt-Gipfel“, zu dem Angela Merkel ihr Kompetenz-Team und CSU-Chef Edmund Stoiber geladen hatte.

Stein und Bein schworen einige Teilnehmer, dass es bei der eineinhalbstündigen "geplanten Runde" nicht um Krisenmanagement gegangen sei. Allenfalls am Rande habe man über den Dauerzwist Merz/Kirchhof gesprochen. "Die Sitzung war völlig stressfrei. Wir haben ausschließlich diskutiert, mit welchen Themen wir Rot-Grün auf den letzten Metern des Wahlkampfes noch so richtig einheizen können." Schon vor der Sitzung in der CDU-Parteizentrale hatte die Kanzlerkandidatin unzweideutig zu verstehen gegeben, dass sie absolut keine Lust verspüre, die Frage, wer der richtige Mann der Union für Finanzen sei, weiter zu vertiefen: "Es geht nicht um Paul Kirchhof oder Friederich Merz, sondern es geht um Kirchhof und Merz. Ich freue mich jedenfalls, dass Friedrich Merz so engagiert Wahlkampf macht."

Am Tag davor hatten zwei Äußerungen für wilde Spekulationen gesorgt: Kirchhof selbst bezeichnete eine "Tandemlösung" mit Merz als ideal. Er halte Merz nicht für einen Konkurrenten. Merz selbst wiederum hatte auf einer Wahlveranstaltung orakelt: "Ich bin bereit mitzumachen und mitzuarbeiten." Damit war die Verwirrung perfekt. Heißt das, dass Merkel ihren "Wahl-Trumpf" Kirchhof auf der Schlussgeraden aus dem Rennen nimmt und durch Merz ersetzt? Oder darf der "Professor aus Heidelberg" noch bis zur Wahl den Finanzexperten mimen? Und Finanzminister nach einem schwarz-gelben Wahlsieg wird dann Friedrich Merz? Wer gemeint hatte, Angela Merkel werde bei der Pressekonferenz nach der Kompetenz-Team-Sitzung für mehr Klarheit sorgen, sah sich getäuscht. Die Kanzlerkandidatin saß, eifrig assistiert von CSU-Chef Edmund Stoiber, die Fragen nach der ,,Radsportgemeinschaft" Merz/Kirchhof in Helmut Kohlscher Manier lächelnd aus oder wiederholte gebetsmühlenhaft bereits Gesagtes: "Angesichts der Lage des Landes brauchen wir jeden, der mitmacht." Oder: "Bezüglich Paul Kirchhof gilt, was ich immer gesagt habe. Allerdings in voller Demut vor dem Wähler." Merkel lebte gestern vor, was sie ihrem Team und der Union wohl verordnet hat: "Maul halten zu Kirchhof. Der Feind bis Sonntag heißt Rot-Grün."

Aus dem Adenauer-Haus in Berlin und von CDU-Granden in den Ländern ist unterdessen unter der Hand zu hören: Merkel hole Merz nach einem Wahlsieg zurück. Er könne neuer Fraktionschef werden, was der Sauerländer schon mal sehr erfolgreich war, bevor Merkel ihm 2002 den Job wegnahm. Oder er werde ein wichtiger Minister, vielleicht sogar für Finanzen. Dann wäre Paul Kirchhof wieder weg vom Fenster. In jedem Fall soll Merz einen "Job mit viel politischem Gestaltungsspielraum" bekommen. Für den Fall eines Wahlsieges kündigte Merkel gestern ein "Sofortprogramm" an. Es soll rasch einen "Energiegipfel" und ein Sofortprogramm Bürokratieabbau vor allem für kleinere mittelständische Unternehmen geben. Für ältere Arbeitnehmer, für Kinder, die von Sozialhilfe leben und für den Aufschwung Ost sollen ebenfalls zügig Programme aufgelegt werden. Der Türkei will man auf EU-Ebene die Vollmitgliedschaft verwehren und Ausländer sollen gezwungen werden, sich schneller zu integrieren. Und natürlich will die Union die paar Tage bis zur Wahl die SPD noch kräftig piesacken. Merkel: "Die Sozialdemokraten mögen regierungswillig sein, regierungsfähig sind sie nicht."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort