Trierer Experte: Es gibt noch mehr Sparmöglichkeiten

Weg mit unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen, Abschaffen der Pendlerpauschale und der Feiertagszuschläge: Dem Trierer Finanzwissenschaftler Ludwig von Auer geht das Sparpaket der Bundesregierung noch nicht weit genug.

Trier. (wie) Ludwig von Auer, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Trierer Uni, bewertet im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund das Sparpaket der Bundesregierung. Die Fragen stellte unser Redakteur Bernd Wientjes.

Halten Sie das von der Bundesregierung geplante Sparpaket für gerecht?

von Auer: Der bequemste Weg zur Sanierung der Staatsfinanzen ist immer die Steuererhöhung. Diesen Weg hat die Bundesregierung mit ihrem Sparpaket weitgehend vermieden. Dafür gebührt ihr Respekt. Das Gesamtbild des Sparpakets zeigt ein Bemühen um ausgewogene Einschnitte.

Ist es richtig, vor allem an den Sozialleistungen zu sparen?

von Auer: Die Sozialleistungen machen den Löwenanteil der Staatsausgaben aus. Spürbare Ausgabensenkungen sind nicht möglich, wenn man nicht auch die Sozialleistungen auf den Prüfstand stellt. Dies muss allerdings mit Augenmaß geschehen.

Der Wegfall des Elterngeldes für Langzeitarbeitslose ist also richtig?

von Auer: Der Gesetzgeber sah das Problem, dass bei Zahlung des Elterngelds das Einkommen nur wenig niedriger war als bei Aufnahme einer regulären Arbeit. Der Anreiz, eine solche Arbeit anzunehmen, war deshalb gering, jedenfalls solange man Kinder bekam und damit Elterngeld erhalten konnte.

Ist das Sparpaket ausreichend, um die Finanzlage in Deutschland wieder ins Lot zu bringen?

von Auer: Im Vergleich zu den vergangenen Jahren sind die aktuellen Sparanstrengungen der Bundesregierung beachtlich. Selbst wenn das gesamte Paket umgesetzt würde, blieben aber Unsicherheiten. Zuschüsse an die Rentenversicherung wurden gestrichen. Um diese Einnahmeausfälle zu stopfen, müssen die Rentenbeiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern und damit die Lohnnebenkosten erhöht werden.

Wo hätte Ihrer Meinung nach noch der Rotstift angesetzt werden können?

von Auer: Nach wie vor besteht bei den Subventionen und Steuervergünstigungen ein massives Einsparpotenzial. Es muss aber auch über Schritte gesprochen werden, die immer schon hitzige Debatten ausgelöst haben. Zum Beispiel wurde der verminderte Mehrwertsteuersatz so stark verwässert, dass er als sozialpolitisches Instrument nicht mehr zu rechtfertigen ist. Es wäre sinnvoller, einen einheitlichen Satz auf sämtliche Güter zu verlangen und die sozialpolitische Komponente anders zu gewährleisten. Die unbefristete Pendlerpauschale ermutigt uns, unseren Wohnort weit entfernt vom Arbeitsplatz zu wählen. Dies ist eigentlich nicht Aufgabe des Staates. Die steuerliche Begünstigung von Sonn- und Feiertagszuschlägen ermutigt Arbeitgeber und Arbeitnehmer, diese Arbeitszeiten künstlich auszudehnen. Langfristige Einsparungen wären auch dadurch zu erzielen, dass die Bundesregierung ihre letzten Zelte in Bonn endlich aufgibt und komplett nach Berlin umzieht.Zur person Ludwig von Auer (46, Foto: privat) ist Professor für Volkswirtschaftslehre in Trier. Nach Studien in Kiel, Edinburgh und London lehrte er von 2002 bis 2006 an der Universität Magdeburg und in Chemnitz. Zum Wintersemester 2007/2008 übernahm er den Lehrstuhl für Finanzwissenschaft an der Universität Trier.

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