Trotz Pauli, Titanic und Twitter: Der Chef bleibt gelassen

Roderich Egeler hat's nicht leicht: Weil er zwei Parteien nicht zur Bundestagswahl zuließ und die Ergebnisse der Landtagswahl vorab in "Twitter" veröffentlicht wurden, steht der Bundeswahlleiter zur Zeit im Zentrum von Kritik. Doch er versichert: Zur Bundestagswahl läuft alles glatt.

Berlin. (has) Selten stand im Vorfeld einer Bundestagswahl der Bundeswahlleiter so im Fokus wie jetzt Roderich Egeler. Heftige Kritik musste sich der 59-Jährige gefallen lassen, weil er die Freie Union der ehemaligen CSU-Rebellin Gabriele Pauli und die "Partei" des früheren "Titanic"-Chefredakteurs Martin Sonneborn nicht zur Bundestagswahl zugelassen hatte. "Ich stehe zu meiner Entscheidung", betonte Egeler gestern in Berlin, bestärkt durch einen entsprechenden Entscheid des Bundesverfassungsgerichts.

Und dann musste sich der oberste Statistiker noch mit dem leidigen "Twitter-Problem" herumschlagen, also der vorzeitigen Veröffentlichung von Wahlprognosen während der laufenden Landtagswahlen am vergangenen Sonntag. Egeler rechnet damit, dass dies bei der Bundestagswahl angesichts der durch die Debatte entstande Sensibilisierung "kein Thema" sein wird. Der Bundeswahlleiter geht vielmehr fest davon, dass der Urnengang am 27. September einwandfrei verlaufen wird - und dass selbst die Stimmen aus Australien pünktlich ankommen werden.

Denn auch Deutsche, die dauerhaft im Ausland leben, dürfen wählen, wenn sie bis zum 6. September die Eintragung ins Wählerverzeichnis beantragt haben. Rund 20 000 haben dies bereits getan. 2005 wählten insgesamt 54 808 Bundesbürger vom Ausland aus, davon kamen 822 Stimmen aus Australien, 6990 aus Amerika und 1543 aus Afrika. Der Bundeswahlleiter rechnet diesmal mit ähnlichen Zahlen.

Insgesamt sind am 27. September 62,2 Millionen Menschen wahlberechtigt, 300 000 mehr als noch 2005. 3556 Bewerber von 27 Parteien wollen in den Bundestag einziehen, 27,3 Prozent der Kandidaten sind Frauen, etwa genauso viele wie bei der letzten Wahl. Den höchsten Anteil der Bewerberinnen an der Gesamtzahl ihrer Kandidaten weist mit 67,5 Prozent die Tierschutzpartei auf. Das Durchschnittsalter aller Bewerber liegt mit 47,4 Jahren etwas höher. Dabei sind die Vertreter der Piratenpartei mit 32,3 Jahren die Jüngsten. Die ältesten Bewerber gehören mit durchschnittlich 67,8 Jahren der Allianz der Mitte an. Der jüngste Kandidat ist 18 Jahre alt und kandiert für die Republikaner, die älteste Kandidatin ist 89 und geht für die Grünen ins Rennen.

Zwei Drittel aller Anwärter kommen aus den Dienstleistungsberufen, darunter sind Abgeordnete, Minister und Verwaltungsfachleute die größte Gruppe, gefolgt von Büroangestellten, Geistes- und Naturwissenschaftlern, Juristen, Unternehmensberatern und Lehrern. Im nächsten Bundestag können 598 Abgeordnete sitzen, aber es ist durchaus möglich, dass Überhangmandate hinzugewonnen werden. Sie kommen dann zustande, wenn mehr Kandidaten einer Partei ein Direktmandat gewonnen haben, als die Partei Zweitstimmen erhalten hat. "Die Zweitstimme ist damit grundsätzlich die maßgebende Stimme", so Egeler.

Die Wahllokale öffnen übrigens am 27. September um acht Uhr morgens und schließen um 18 Uhr, Briefwahl kann noch bis zum 25. September beantragt werden. Noch in der Wahlnacht wird der Bundeswahlleiter das vorläufige Endergebnis bekanntgeben, das endgültige Resultat wird dann am 14. Oktober verkündet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort