Militär Trump verliert die Geduld und beklagt sich bei Merkel

Washington · Beim US-Präsidenten wächst der Frust, weil einige Verbündete ihre Verteidigungsausgaben nicht in dem Maße erhöhten, wie er es sich vorstellt.

 US-Präsident  Donald Trump hat Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen der angeblich zu geringen deutschen Verteidigungsausgaben hart angegangen.

US-Präsident Donald Trump hat Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen der angeblich zu geringen deutschen Verteidigungsausgaben hart angegangen.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

In den Vereinigten Staaten, schreibt Donald Trump an Angela Merkel, wachse der Frust, weil einige Verbündete ihre Verteidigungsausgaben nicht in dem Maße erhöhten, wie sie es versprochen hätten. Die USA gäben mehr und mehr Geld für die Verteidigung Europas aus, während es dem Kontinent einerseits wirtschaftlich gut gehe und es andererseits sicherheitspolitische Herausforderungen im Überfluss gebe. „Das ist für uns nicht länger tragbar.“

Die Klage ist nicht ganz neu. Schon George W. Bush und Barack Obama haben den Alliierten vorgeworfen, Lasten nicht ausreichend zu schultern. Robert Gates, ein pragmatischer Konservativer, der beiden als Pentagon-Chef diente, warnte bereits 2011 vor einer „dunklen und düsteren“ Zukunft der Nato, falls die Europäer nicht bald mehr beisteuern würden. Trump, der das Bündnis noch kurz vor seinem Amtsantritt als obsolet bezeichnete, scheint nun einmal mehr zur Brechstange zu greifen. Nachdem er Stahl- und Aluminiumimporte mit Zöllen belegte und ähnliches für Autos ankündigte, nachdem er im Alleingang aus dem Iran-Abkommen ausstieg, zieht er ins nächste Gefecht mit den westlichen Bündnispartnern. Offenbar völlig unbeeindruckt, eher noch angestachelt von kritischen Stimmen.

Vor dem Nato-Gipfel nächste Woche in Brüssel hat er etwa ein Dutzend Mahnbriefe verschickt. Adressaten sind die Staats- beziehungsweise Regierungschefs von Ländern, denen er unterstellt, auf Kosten der USA auf dem Trittbrett der Allianz mitzufahren. Kanada gehört ebenso dazu wie Belgien, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Portugal und Spanien. Einen auffallend harschen Ton habe Trump gegenüber der deutschen Kanzlerin gewählt, berichtet die New York Times und gibt das Schreiben auszugsweise wieder.

Indem Deutschland finanziell zu wenig beitrage, liefere es anderen Argumente, sich gleichfalls zurückzuhalten. Zwar verstehe er, räumt der Präsident ein, welchen innenpolitischen Druck Gegner höherer Rüstungsausgaben ausüben. Nur habe er selber jede Menge politisches Kapital eingesetzt, um das eigene Militärbudget zu erhöhen. Jedenfalls werde es immer schwerer, seinen Landsleuten beizubringen, warum einige die Lasten der Nato nicht angemessen tragen, „während amerikanische Soldaten ihr Leben in Übersee opfern oder schwer verletzt nach Hause zurückkehren“.

Es ist nicht das erste Mal, dass Donald Trump Deutschland zentral ins Visier nimmt. Ein Land, dessen wirtschaftlicher Erfolg in seinem Weltbild auf Kosten Amerikas geht. Ein Land, das in den Nullsummenspielen, wie sie sein Denken prägen, zu den Gewinnern zählt, während die USA auf der Verliererseite stehen. Ein Land, das gut damit lebt, sich militärisch hinter anderen zu verstecken. Amerika zahle 80 Prozent des Nato-Etats, dabei helfe der Pakt den Europäern „verdammt viel mehr, als er uns hilft“, wetterte der Präsident neulich auf einer Kundgebung. Auch wenn es in Wahrheit nur 22 Prozent sind, am gereizten Ton ändert es nichts.

Am kompromisslosesten klingt John Bolton, Trumps ganz auf Härte setzender Sicherheitsberater, dessen Einfluss im Kabinett offenbar wächst. „Wenn Sie in Russland eine Bedrohung sehen, müssen Sie sich fragen, warum Deutschland weniger als 1,2 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigungszwecke ausgibt“, polterte der Mann mit dem buschigen Schnauzer am Sonntag bei „Face the Nation“, einer Talkshow. Wer davon rede, dass die Nato ausgehöhlt werde, möge sich zuerst jene anschauen, deren Politik die Effizienz der Nato verringere.

Zuvor hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei einem Besuch in Washington auf Planungen verwiesen, nach denen der Militärhaushalt der Bundesrepublik im Jahr 2024 bei 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen soll. „Ich glaube, sie sind auf dem richtigen Weg“, gab sich ihr Amtskollege James Mattis versöhnlich, wohl wissend, dass laut Nato-Beschlüssen für 2024 ein Zwei-Prozent-Ziel angepeilt ist. Während Bolton auf Eskalation setzt, versucht Mattis zu schlichten, allerdings immer öfter allein auf weiter Flur. Noch im Winter konnte sich der besonnene Ex-General mit dem irreführenden Spitznamen „Mad Dog“ auf Gleichgesinnte in der Regierung stützen, auf vorsichtige Realpolitiker wie den Außenminister Rex Tillerson und den Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster, die dem Präsidenten dringend davon abrieten, es im Clinch mit den Europäern auf die Spitze zu treiben. Deren Nachfolger, Mike Pompeo und insbesondere John Bolton, bestärken Trump eher noch in seiner Jetzt-reicht-es-uns-Attitüde.

Zu dem Spiel mit harten Bandagen passen Berichte, nach denen man im Weißen Haus darüber nachdenkt, die amerikanische Militärpräsenz in Deutschland deutlich zu reduzieren. Nach Informationen der Washington Post soll Trump überrascht gewesen sein, als er vor Wochen von seinen Generälen erfuhr, wie groß das Kontingent in der Bundesrepublik mit 35 000 Soldaten noch immer ist. Nun gehe man im Pentagon Szenarien durch, nach denen die meisten GIs entweder nach Polen verlegt oder ganz aus Europa abgezogen werden könnten. Ob die Planspiele ernst gemeint sind oder eher Teil einer Druckkulisse, weiß kein Außenstehender seriös zu beantworten. Ein Sprecher von Mattis hat zunächst einmal abgewiegelt. Derartige Überprüfungen, beschwichtigte er, seien nichts Außergewöhnliches.

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