Über den Wolken

Wenn man sich über den Wolken sozusagen verflogen hat, kann einen das sogar das Amt kosten: Die Liste der Spitzenpolitiker, die über ihre Flugkilometer schon ins Stolpern geraten sind, ist lang. Nun richtet sich das Augenmerk auf Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Berlin. Laut einem Bericht der "Bild am Sonntag" reisten die beiden Minister im ersten Halbjahr besonders häufig alleine oder nur in Begleitung einer Person mit den Maschinen der Flugbereitschaft. Zudem seien sie auffällig oft am Anfang oder am Ende der Woche von ihrem Heimatflughafen Hannover aus geflogen statt vom Dienstort Berlin. Dem Blatt liegt eine Liste aus dem Bundesverteidigungsministerium vor, die 425 Einsätze der Flugbereitschaft im ersten Halbjahr dokumentieren soll. In 34 Fällen hätten in der Maschine neben der Crew nur der Politiker und maximal ein Mitarbeiter gesessen. Von der Leyen sei sechsmal allein oder in Begleitung einer weiteren Person geflogen, Gabriel sogar siebenmal. Besonders pikant ist der Vorwurf für Minister Gabriel: Er versteht sich als oberster Klimahüter, soll aber zugleich die Luft durch Vielfliegerei verpesten. Die Sprecher beider Ressorts versicherten gestern, dass alle Flüge den Richtlinien zur Nutzung der Flugbereitschaft entsprachen. Demnach dürfen Spitzenpolitiker die 13 Maschinen nur in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit nutzen und das auch nur, wenn der Zweck der Reise mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreicht werden kann.Von der Leyen, verteidigte ihr Ministerium, bevorzuge die Bahn, mit der sie im vergangenen Jahr rund 29 000 Kilometer zurückgelegt habe. Gabriels Ressort teilte mit, seine sämtlichen Flüge seien durch Termine im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft veranlasst gewesen. "Seltsam ist nur die unheimliche Häufung an Einzelflügen", kritisiert der grüne Haushaltsexperte Alexander Bonde gegenüber unserer Zeitung. Ob die Kritik gerechtfertigt ist oder nicht, das Thema taugt zum Aufreger. Und Insider sagen, Fluglisten werden gerne dann an die Öffentlichkeit lanciert, wenn sich die Flugbereitschaft als "Shuttle-Service" missbraucht fühlt. Davon können viele Spitzenpolitiker ein Lied singen - nur zwei Beispiele: Hans Eichel geriet in seiner Zeit als SPD-Finanzminister in die Kritik, weil er die Flugbereitschaft angeblich für Parteitermine genutzt hatte. Rita Süssmuths (CDU) ständige Reisen in die Schweiz, wo die Tochter der ehemaligen Bundestagspräsidentin wohnte, erhitzte 1997 die Gemüter.

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