Überall nur Merkel-Fans

Berlin . Eine hielt sich am Montag stur an die Absprache: Kein Wort kam der eisernen Angela Merkel zur Kanzlerkandidatur über die Lippen. Dafür redeten andere.

Nicht, dass Angela Merkel um ihren persönlichen Triumph noch bangen muss. Am Montag, nach einer gemeinsamen Präsidiumssitzung von CDU und CSU, wird offiziell verkündet werden, dass die CDU-Chefin die Union in das Rennen gegen Amtsinhaber Gerhard Schröder führen wird. Doch die Ostdeutsche nahm gestern bewusst auf jemanden Rücksicht, der sich lange Zeit für den ewigen Kanzlerkandidaten der schwarzen Schwesterparteien gehalten hatte: auf den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Von ihm ist Merkel jetzt abhängig wie noch nie, insbesondere, weil die Union in aller Schnelle programmatische Schwerstarbeit leisten muss. Inthronisation per Applaus

Seit am Sonntag nach 39 Jahren die CDU im einst so roten Nordrhein-Westfalen die Macht zurückerobert hat, ist selbst ein Merkel-Kritiker wie Hessens Ministerpräsident Roland Koch zum Merkel-Fan mutiert. "Sie ist die Kanzlerkandidatin", meinte der neuerdings lammfromme Gegenspieler nach den Gremiensitzungen der CDU im Konrad-Adenauer-Haus. In einer Telefonkonferenz am späten Sonntag soll auch Stoiber grünes Licht gegeben haben. Im Bundesvorstand wurde die Herausforderin des Genossen-Kanzlers gestern quasi per Applaus inthronisiert. Es war das Vorstandsmitglied Bernd Neumann, CDU-Landeschef in Bremen, der dem Vernehmen nach während der Sitzung verklausuliert die K-Frage aufwarf: Ob es noch irgendeinen Zweifel am Ausgang der Entscheidung gebe, soll er gefragt haben. Es komme doch jetzt nur eine Kandidatin in Betracht, ergänzte Neumann, was prompt vom Bundesvorstand mit stürmischem Beifall bedacht wurde. Merkel hat daraufhin laut Teilnehmern wohlwollend gelächelt und geantwortet, "da ich nicht anderer Meinung bin, muss ich mich jetzt dazu nicht äußern". Mehrere Gründe spielen eine Rolle, warum ihre Kandidatur aber erst nächsten Montag verkündet werden wird. Zum einen soll die CSU ganz eng eingebunden werden, "damit Stoiber sein Gesicht wahren kann", wie in der Parteizentrale zu hören war. Zum anderen will sich die Union nicht von Kanzler Schröder das Heft gänzlich aus der Hand nehmen lassen. Ohnehin sind die C-Parteien durch den Paukenschlag aus dem Kanzleramt in Zeitnot geraten: CDU-Generalsekretär Volker Kauder und sein CSU-Pendant Markus Söder sollen jetzt mit Volldampf als "Achse" den Wahlkampf organisieren. In einer Woche soll nicht nur die Kanzlerkandidatin präsentiert werden, sondern auch die "tragenden Säulen" eines Wahlkampfteams. Bei der gemeinsamen Sitzung der Präsidien von CDU und CSU werden daher zudem Entscheidungen über ein gemeinsames Wahlprogramm fallen, "das die Kernfragen umfasst, aber nicht jedes Detail einer Regierungsarbeit", so ein Unionist. Nach wie vor liegen die Schwesterparteien etwa in der wichtigen Gesundheitspolitik überkreuz. Merkel weiß: Der Schlüssel zu ihrem Erfolg im Herbst liegt in der Einigkeit der Schwestern. Deshalb soll der Konservative Edmund Stoiber neben der Protestantin Merkel die herausragende Figur werden: Als sicher gilt, dass er bei einem möglichen Wahlsieg nach Berlin wechselt, voraussichtlich als Minister für Wirtschaft und Finanzen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort