"Überaus schmerzhafte Verluste"

Das hat sich Hermann Gröhe gänzlich anders vorgestellt. Es ist das erste Mal, dass er als CDU-Generalsekretär ein Wahlergebnis von Berlin aus erklären muss, und dann gleich so einen Schlag ins Unions-Kontor wie in Nordrhein-Westfalen.

Berlin. Sein Vorgänger Ronald Pofalla hätte jetzt zu einigen verbalen Schnörkeleien gegriffen, doch Gröhe spricht aus, was alle denken und wissen: "Überaus schmerzhafte Verluste" habe die CDU bei der Landtagswahl in NRW eingefahren. Daran sei "zu viel unnützer Streit" in der schwarz-gelben Bundesregierung Schuld. Ein "Weiter so" klingt anders. Union und FDP senden an diesem Abend eher das Signal: Wir haben verstanden.

Man hat telefoniert zwischen den Parteizentralen, noch vor den ersten Hochrechnungen. Schon um 18.18 Uhr verkündet deshalb Guido Westerwelle als erster die gemeinsame Sprachregelung des Abends: "Das war ein Warnschuss auch für die Bundesregierung. Er ist gehört worden". Auch bei ihm kein Drumherumgerede. "Wir müssen uns anstrengen, das verloren gegangene Vertrauen wieder zurückzufinden". Es ist eine tote Wahlparty bei den Liberalen. Kein Jubel, aber auch keine Tränen. Das Ergebnis sei doch so wie die FDP-Steuerpolitik: "Einfach, niedrig und gerecht", spotten Journalisten. "Ha, ha", kommt es humorlos von Mitarbeitern des Vorstands zurück. Westerwelle sagt zum Abschluss, er werde das Ergebnis jetzt runterspülen.

Der Vorsitzende hat wie immer die gesamte Führung um sich geschart. Cornelia Pieper und Rainer Brüderle lächeln automatisch, als sie ins Scheinwerferlicht treten, stellen das aber bald wieder ein. Auch Christian Lindner steht oben auf dem Podium. Wie für Gröhe ist es für ihn die Premiere als Generalsekretär der Partei. Und wie Gröhe startet auch er mit einer Niederlage in seinem eigenen Heimatland. Sind jetzt Steuersenkungen vom Tisch, wird Lindner gefragt. "Nein", antwortet der 31jährige. Gerade noch dachte man, die FDP habe verstanden.

Im Konrad-Adenauer-Haus der Union hat man hingegen den Schuldigen für die Wahlniederlage ausgemacht -bei den Hochrechnungen bleiben so manchem die Würstchen und der rheinische Kartoffelsalat im Hals stecken. "Die FDP hat uns heruntergezogen", schimpft ein Parteimitglied. Die Liberalen und deren Minister seien für das schlechte Erscheinungsbild der Koalition verantwortlich.

So einfach ist es nicht, aber die bundespolitischen Folgen des Wahlergebnisses sind immens. Angela Merkel hat ein paar Baustellen mehr: Zur Euro-Krise, die sie noch an diesem Sonntagabend zu einem Krisentreffen im Kanzleramt zwingt, und zum Dauerzwist in der Koalition um die Steuerpolitik gesellt sich nun vielleicht auch noch der Verlust der schwarz-gelben Bundesratsmehrheit.

Hinzu kommt die Ungewissheit, ob die Liberalen im Bund nach dem NRW-Debakel noch unbequemer werden. Und: Was wird aus Finanzminister Wolfgang Schäuble? Schnell wird aber unter den Journalisten in der CDU-Parteizentrale gestreut, dass jede eventuell erneut aufflammende Nachfolgediskussion "nicht maßgeblich" sei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort