Übers Ziel hinaus

Da hat sich die forsche und erfolgsverwöhnte Mainzer Bildungsministerin Ahnen wohl etwas vergaloppiert: Fast hätte eine Schule ohne Noten und Sitzenbleiber das Schülerherz höher schlagen lassen, wenn auch vorerst nur in einem sehr begrenzten Versuch.

Da hat sich die forsche und erfolgsverwöhnte Mainzer Bildungsministerin Ahnen wohl etwas vergaloppiert: Fast hätte eine Schule ohne Noten und Sitzenbleiber das Schülerherz höher schlagen lassen, wenn auch vorerst nur in einem sehr begrenzten Versuch. Und fast hätte der liberale Koalitionspartner dank wortreicher Umschreibungen des Schulversuchs nicht gemerkt, was die Ministerin denn so genau plante. Den Schulen Freiräume zu überlassen und Selbstverantwortung zu übertragen ist grundsätzlich ein richtiger Weg. Sie allerdings in eine Unabhängigkeit zu entlassen, die mit vielen bisherigen Rahmenvorgaben bricht und allein die individuelle Förderung zum alles überragenden und Glück verheißenden Prinzip erhebt, ist riskant. So verlockend auch eine Schule ohne Noten und Klassenwiederholer an sich sein mag. Keine Frage: Lernberichte sind aussagekräftiger als Noten. Beides zusammen ist jedoch eine eindeutige Positionsbestimmung. Keine Frage auch, dass die gezielte Förderung verstärkt werden muss. Ob sich deswegen jedoch gleich alle Sitzenbleiber vermeiden lassen, darf bezweifelt werden. Die Schule braucht ein neues Lern- und Leistungsverständnis, deshalb sollte jedoch nicht gleich alles, was bisher galt, über Bord geworfen werden. Sonst kommt die Bildungspolitik in den Verdacht, angesichts der für Deutschland schlechten internationalen Schulvergleiche kopflos zu agieren. j.winkler@volksfreund.de

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