Um den Eifeler CDU-Mann Billen wird es einsam

Der Rechtsausschuss des Landtags hat gestern in vertraulicher Sitzung mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit die Immunität des Eifeler CDU-Abgeordneten Michael Billen aufgehoben. Alle Parlamentarier werden nun informiert. Erhebt keiner Einspruch, kann die Staatsanwaltschaft Billen in einer Woche anklagen.

Mainz. Um den einst wortgewaltigen Landwirt aus Kaschenbach (Eifelkreis Bitburg-Prüm) wird es einsam. Seit Bekanntwerden der Polizeidaten-Affäre im November 2009 hat Michael Billen nicht nur seine Ämter in Mainz verloren, etwa den Vorsitz im Wirtschaftsausschuss, sondern ist auch von der CDU-Landtagsfraktion in die hinterste Reihe des Parlaments verbannt worden. Im Plenum hat der 54-Jährige seitdem kein Wort mehr gesagt. In Ausschüssen darf er nicht mitwirken.

Standfest gegen Parteispitze behauptet



Menschen in seiner Umgebung imponiert Billens Standfestigkeit. Es hat ihn nicht umgehauen, dass ihn die Parteispitze vehement zum Mandatsverzicht drängte. Das parteiinterne Nominierungsduell zum Kandidaten für die Landtagswahl 2011 gegen die Prümer Stadtbürgermeisterin Mathilde Weinandy hat er trotz harter Widerstände klar gewonnen.

Seit gestern bläst dem Sturkopf allerdings der Wind noch schärfer ins Gesicht. Die Staatsanwaltschaft Landau kann ihn wohl wie geplant wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat und eines Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz vor Gericht bringen, weil er sich bei seiner Tochter geheime Polizei-Informationen über Nürburgring-Geschäftspartner beschafft hatte. Billen hat einen Fehler eingeräumt, alles andere bestreitet er.

Egal, wann der Prozess terminiert wird und wie er ausgeht: Die juristische Auseinandersetzung wird Billens Wahlkampf beeinträchtigen. Vor fünf Jahren gewann er das Direktmandat in Bitburg-Prüm mit nur rund 2000 Stimmen Vorsprung vor Monika Fink (SPD). Diesmal prophezeit ihm sogar die eigene Partei eine Niederlage.

Apropos Partei: Bei fast allen Funktionären gilt Billen, der jahrelang in Mainz mit dem Trierer Ex-Parteichef Christoph Böhr und dem Koblenzer Bezirkschef Adi Weiland die Fäden zog, heute als rotes Tuch.

Kanzlerin Merkel wollte angeblich kein Foto



Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel soll die missliebige Angelegenheit verfolgen und sich kürzlich bei der Klausurtagung der Union in Maria Laach verbeten haben, mit dem Eifeler fotografiert zu werden. Aus ehemaligen Weggefährten wie dem Arzfelder Bundestagsabgeordneten Patrick Schnieder sind erbitterte Gegner geworden.

Fernab der juristischen Debatte, ob sich Michael Billen mit dem "Abgreifen" von Polizei-Daten, wie er es nennt, strafbar gemacht hat oder nicht, wird er in der CDU als große Belastung für den Wahlkampf empfunden. Patrick Schnieder, sein Nachfolger als Bezirksvorsitzender, macht deutlich, dass Billen auf keinen Fall auf der Bezirks- und Landesliste der Union platziert werde. Viele glühen vor Zorn über den Stachel im Fleisch, den Billen in ihren Augen darstellt. Die Polizeidaten-Affäre gilt dabei nur als i-Tüpfelchen. Dem Landwirt werden Tricks und Spielchen bei den geplatzten Sparkassenfusionen Trier-Bitburg und Bitburg-Daun sowie "Egomanie" angelastet, wie es ein hochrangiger CDU-Mann formuliert. "Er wollte die Landesregierung mit dem Nürburgring im Alleingang stürzen." Viele Christdemokraten halten den Fall Billen für eine Katastrophe. Einer sagt: "Für uns ist das wie Pest und Cholera. Verschwinden wird er nur, wenn er im März 2011 verliert. Letzteres können wir aber nicht wollen, weil wir dann einen sicheren Wahlkreis weniger haben." Stichwort Die Immunität schränkt die Strafverfolgung von Abgeordneten sowohl im Bundestag als auch in den Länderparlamenten ein. So dürfen Abgeordnete nicht ohne Genehmigung des Landtags wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen werden. Damit soll die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sichergestellt sein. Eine Ausnahme gilt nach der Verfassung dann, wenn der Abgeordnete während einer Straftat direkt ertappt wird. Über die Aufhebung der Immunität entscheidet der Rechtsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags in vertraulicher Sitzung. Formal verwandelt er sich dann in einen Immunitätsausschuss. Dem Antrag einer Staatsanwaltschaft muss das 13-köpfige Gremium mit Zweidrittel-Mehrheit zustimmen. Kommt dieses Votum nicht zustande, muss der Landtag entscheiden. Gegen die Entscheidung des Rechtsausschusses kann jeder Landtagsabgeordnete außer dem Betroffenen innerhalb von sieben Werktagen Einspruch erheben. In solchen Fällen muss dann der Landtag in nichtöffentlicher Sitzung über den Antrag der Staatsanwaltschaft entscheiden. Gibt es keinen Widerspruch, ist das Votum des Ausschusses rechtskräftig. Dann hat die Staatsanwaltschaft freie Bahn für die Anklageerhebung.

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