Um den Finanzminister wird es einsam

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lenkt im Streit um die Steuervereinfachung überraschend ein - und die FDP triumphiert.

Berlin. Wer gestern mit Koalitionären über Wolfgang Schäuble (CDU) und die Steuervereinfachung sprach, der bekam nicht viel Gutes zu hören. Ohne Not habe sich der Finanzminister quergelegt, wegen 330 Millionen Euro für den Bürger dem Bild der schwarz-gelben Koalition erheblich geschadet. Obwohl es klare Vereinbarungen gegeben habe. Ein solcher Vorgang dürfe sich nicht wiederholen, war selbst aus Schäubles Union drohend zu vernehmen.

Entscheidungen lösen Rätselraten aus



Warum hat sich der Finanzminister ausgerechnet in einem Superwahljahr so vehement dagegen gesträubt, den Arbeitnehmern durch die Erhöhung des Pauschbetrages von 920 auf 1000 Euro schon rückwirkend für 2011 einen geringen Steuervorteil von maximal 36 Euro zu gewähren? Und was hat ihn innerhalb von 36 Stunden einknicken lassen? Wolfgang Schäuble ist vielen bei Union und FDP nur noch ein Rätsel - es wird einsam um den Minister.

Mit dem guten Gefühl einer Einigung waren die Fachpolitiker am Montag in das Gespräch mit ihm gegangen, um unter anderem in Sachen Arbeitnehmerpauschbetrag den Knoten zu durchschlagen. Doch Schäubles Ablehnung aus Sorge um seinen Etat war überraschend scharf. Dienstagmorgen versuchten die Spitzen der Fraktionen dann nach internen Gesprächen, den Streit öffentlich kleinzureden. Da gab Schäuble immer noch den Unbeirrbaren. Am Dienstagabend schließlich schaltete sich das Kanzleramt ein; es gab Beratungen mit den Fraktionsspitzen und dem Minister. Zu diesem Zeitpunkt soll ihm jedoch schon klar gewesen sein, dass er für seine Haltung keinerlei Unterstützung erfahren würde. Also bot Schäuble dem Vernehmen nach von sich aus an, dem Vorschlag zuzustimmen, den er bis dato abgelehnt hatte. Es sei "kein ganz einfacher Akt" gewesen, kommentierte Regierungssprecher Steffen Seibert die Einigung.

In Steuerfragen gilt der Minister in der Koalition inzwischen als Bremsklotz. Schon bei der Erstellung der 41-Punkte-Liste zur Vereinfachung des Systems fuhr er den Fraktionen immer wieder in die Parade.

Vor allem die FDP zürnt Schäuble, der Zoff um den Arbeitnehmerpauschbetrag hat das Misstrauen untereinander wieder verschärft. Die angeschlagene Steuersenkungspartei braucht dringend Erfolge, die der Minister ihr aber offenbar nicht zubilligen will. Umso triumphierender fiel gestern die Bewertung von FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger zur rückwirkenden Steuervereinfachung aus: "Der Bundesfinanzminister wird das so verlegen, wie wir das erwartet haben." Basta. Bis zum nächsten Steuer- und Haushaltskrach.

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